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2025-04-09
„Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?“
„Freude schöner Götterfunken.“
„Das also war des Pudels Kern.“
Diese Zitate habt ihr bestimmt schon einmal gehört.
Sie stammen von zwei der berühmtesten deutschen Dichter:
Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller.
Fast in jeder Stadt gibt es eine Goethe- oder eine Schillerstraße.
Oder gleich beides.
Und in der Schule sind die Werke der beiden Autoren oft Unterrichtsstoff.
Aber warum nennen wir ihre Namen eigentlich so häufig in einem Atemzug?
Was verbindet sie?
Wir klären in diesem Video, wie Goethe einen Modetrend auslöste,
warum Schiller vor seinem Arbeitgeber floh und warum der Begriff „Weimarer Klassik“ nicht ganz unproblematisch ist.
Im September 1826 holt Johann Wolfgang Goethe ein ungewöhnliches Objekt in sein Haus: den Schädel von Friedrich Schiller.
Ja, ihr habt richtig gehört: Goethe nimmt den Totenkopf des gut 20 Jahre zuvor verstorbenen Dichters an sich
und platziert ihn auf blauem Samt unter einer Glasvitrine bei sich zu Hause.
Und es wird noch schräger:
Wenig später schreibt er ein Gedicht, das heute unter dem Namen „Bei Betrachtung von Schillers Schädel“ bekannt ist.
Diese merkwürdige Episode hat einen ernsten Hintergrund:
Goethe schätzt Schiller nicht nur als Schriftsteller, er ist auch über zehn Jahre lang eng mit ihm befreundet.
Die Geschichte von Goethe kann daher nicht ohne Schiller erzählt werden
- und das Leben von Schiller nicht ohne Goethe.
Goethes Leben beginnt in Frankfurt am Main.
Hier kommt er im August 1749 als erstgeborener Sohn einer wohlhabenden Familie zur Welt.
Nach dem Wunsch des Vaters studiert er Jura und arbeitet zunächst als Anwalt.
Allerdings beginnt er früh, nebenbei literarische Texte zu verfassen.
Schon mit 23 Jahren veröffentlicht er das Drama „Götz von Berlichingen“, das sofort ein Erfolg ist.
Ein Jahr später folgt der Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“.
Der ist sogar noch erfolgreicher und wird in mehrere Sprachen übersetzt.
Der Roman erzählt die Geschichte einer tragischen Liebesbeziehung zwischen Werther und der mit einem anderen Mann verlobten Lotte.
Die Begeisterung für den Roman ist so groß, dass er sogar eine eigene Werther-Mode inspiriert.
Junge Männer kleiden sich wie der Protagonist mit gelber Weste und Hose, blauem Frack und grauem Filzhut.
Goethe wird in kurzer Zeit zu einem gefeierten Schriftsteller.
Der Ruhm trägt dazu bei, dass er vom Herzog des kleinen Fürstentums Sachsen-Weimar-Eisenach eingeladen wird, dort zu arbeiten.
Hier übernimmt Goethe sehr handfeste Aufgaben:
Als Verwaltungsbeamter inspiziert er Bergwerke.
Er regelt Finanzfragen und er überwacht den Straßenbau.
Trotzdem ist es kein Zufall, dass er ausgerechnet in Weimar arbeitet:
In der Residenzstadt des Herzogtums leben Ende des 18. Jahrhunderts zwar nur etwa 6000 Einwohner,
aber Anna Amalia, die verwitwete Mutter des Herzogs, fördert aktiv Künstlerinnen und Künstler.
Sie holt Schauspieler, Dichter und Maler an den Hof und macht Weimar so zu einem blühenden Kulturstandort.
Schnell klettert Goethe in Weimar die Karriereleiter hinauf.
1782 adelt ihn der Herzog, nun ist er Johann Wolfgang VON Goethe.
Im Laufe der Zeit übernimmt er immer mehr Ämter, und die Flut an offiziellen Aufgaben schwillt ständig an.
Im Jahr 1786 fühlt sich Goethe so eingezwängt, dass er sich zu einem radikalen Schritt entschließt:
Von heute auf morgen kehrt er dem Weimarer Hof den Rücken und verbringt ganze zwei Jahre in Italien.
Die gehören zu den prägendsten Zeiten in seinem Leben.
Wir kommen später darauf noch einmal zurück.
Auch in Schillers Biografie gibt es eine spektakuläre Flucht.
Schiller kommt 1759 in Marbach am Neckar in der Nähe von Stuttgart zur Welt, zehn Jahre nach Goethe.
Als junger Mann studiert er Medizin und arbeitet anschließend als Arzt in der Armee des Herzogs von Württemberg.
Schillers Herz schlägt allerdings für die Literatur.
1782 findet die Uraufführung seines Stücks „Die Räuber“ statt.
In dem Drama geht es, kurz gesagt, um die Rivalität zwischen zwei Brüdern,
die sich jeweils auf ihre Weise gegen die herrschende Ordnung auflehnen.
Die Zuschauer sind begeistert.
Schillers „Räuber“ machen ihn quasi über Nacht berühmt.
Und hier zeigt sich eine wichtige Gemeinsamkeit zwischen Schiller und Goethe: Beide sind schon in jungen Jahren gefeierter Schriftsteller.
Und beide brechen in ihren Werken mit gängigen Konventionen.
Das zeigt sich zum Beispiel an der derben Sprache:
So sagt etwa Götz von Berlichingen in Goethes gleichnamigem Drama: „Er aber kann mich im A*sche lecken.“
Wir ordnen diese Werke heute der Literaturströmung des sogenannten „Sturm und Drang“ zu,
deren Autoren mit den damaligen Gepflogenheiten brechen, starke Emotionen in den Mittelpunkt ihrer Werke stellen und damit das Establishment schockieren.
Zu der Strömung gehören auch andere Autoren wie Johann Gottfried Herder oder Friedrich Maximilian Klinger.
Schillers Arbeitgeber, der Herzog von Württemberg, ist von den „Räubern“ wenig begeistert.
Tatsächlich verbietet er Schiller sogar, weiter Texte zu veröffentlichen.
In dieser Situation entscheidet sich Schiller, die Flucht zu ergreifen.
Sein spärliches, aber gesichertes Einkommen fällt damit weg.
In den nächsten Jahren plagen ihn ständig finanzielle Sorgen.
Immerhin tritt er 1789 eine Professur für Geschichte in Jena an, zunächst unbesoldet, später mit einem kleinen Gehalt.
Kurz darauf erschüttert ein Ereignis ganz Europa.
Im Juli 1789 beginnt in Paris die Französische Revolution.
Für uns ist vor allem hier eine Info wichtig:
Mit der französischen Revolution zeigt sich, wie sehr das Bürgertum mittlerweile an Einfluss gewonnen hat.
Das bedeutet, dass die alten Eliten, der König, der Adel und Klerus, also die Kirche, nicht mehr allein den Ton angeben können.
Vertreter des Bürgertums, etwa Kaufleute, Verwaltungsbeamte oder Ladenbesitzer, wollen jetzt mitreden.
Das gilt nicht nur für Frankreich, sondern auch für die deutschsprachigen Gebiete.
Die neue Bedeutung des Bürgertums zeigt sich auch in den Lesegewohnheiten.
Schon im Laufe des 18. Jahrhunderts Lernen mehr und mehr Menschen lesen, erhalten eine umfassende Bildung und der Markt für Bücher wächst.
Einzelne Autoren sind plötzlich einer breiten Masse bekannt und werden berühmt.
So geht es auch Goethe und Schiller.
Als 1789 die Französische Revolution ausbricht, sind die beiden längst Popstars der deutschen Literatur.
Obwohl sie so nah aneinander leben - Schiller in Jena, Goethe in Weimar - dauert es, bis sie sich anfreunden.
Zunächst bleiben sie auf Distanz.
Vielleicht auch, weil Goethe sich von Schiller zu sehr an seine eigene Sturm-und-Drang-Zeit erinnert fühlt, die er mittlerweile hinter sich gelassen hat.
Erst im Juli 1794 führen sie nach einem Vortrag in Jena ein lebhaftes Gespräch, das beiden positiv in Erinnerung bleibt.
Es ist der Beginn einer engen Freundschaft.
Im Dezember 1799 zieht Schiller mit seiner Familie schließlich ebenfalls nach Weimar.
Drei Jahre später erhält auch er vom Herzog den Adelstitel.
Goethe und Schiller sehen sich fast täglich, diskutieren bis tief in die Nacht über ihre Manuskripte und geben sich gegenseitig Ratschläge.
Besonders intensiv beschäftigen sich Goethe und Schiller mit der Antike.
Goethe steht dabei stark unter dem Einfluss seiner Italienreise.
Dort haben ihn die antiken Monumente und Kunstwerke so beeindruckt,
dass er die antike Kunst fortan in vielerlei Hinsicht als Vorbild ansieht.
Das Ziel der Schriftsteller ist es, die Leser und Zuschauer mit ihren Werken stärker zu erziehen.
Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere Werte wie Humanität, Toleranz und auch die Balance zwischen Gefühlen und Vernunft.
Mit diesem Anspruch reagieren Goethe und Schiller auch auf die chaotischen und gewaltvollen Entwicklungen der Französischen Revolution.
Diese Periode ihrer Arbeit bezeichnen wir heute als Weimarer Klassik,
mit der manchmal auch noch die Weimarer Autoren Christoph Martin Wieland oder der vorhin schon erwähnte Johann Gottfried Herder als wichtige Wegbereiter in Verbindung gebracht werden.
Ein Beispiel für den Stil der Weimarer Klassik ist Goethes Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“.
Es orientiert sich an den klassischen Dramen antiker Dichter, hat eine klare Struktur und ist in Versform verfasst.
Bei Schiller ist es zum Beispiel die „Wallenstein“-Trilogie, die Geschichte eines Heerführers aus dem 30-jährigen Krieg,
in der Schiller sich beim Werk Aufbau an antiken Vorbildern orientiert.
Die enge Freundschaft zwischen Schiller und Goethe hält bis zum frühen Tod Schillers an.
Er stirbt am 9. Mai 1805 mit nur 45 Jahren.
Zeitlebens hatte Schiller mit den Spätfolgen einer Lungenentzündung zu kämpfen und war ständig krank.
Beigesetzt wird Schiller in einem Grab, in dem neben ihm noch viele andere Verstorbene liegen.
Das führt zu einer folgenschweren Verwechslung:
Der Schädel, den sein Freund Goethe später in seinem Haus hat, gehört tatsächlich gar nicht Schiller, wie moderne DNA-Analysen belegen.
Goethe weiß davon allerdings nichts.
Drei Jahre nach Schillers Tod veröffentlicht Goethe seine Tragödie „Faust“, heute eines seiner bekanntesten Werke.
Alle Literaturnerds können gerne einmal ihr Lieblingszitat aus dem „Faust” in die Kommentare schreiben.
Mein Lieblingszitat ist: „Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“
Dass wir heute noch viele Faustzitate kennen, das zeigt exemplarisch die riesige Bekanntheit von Goethe und Schiller und ihren Werken.
Nicht zuletzt hat das auch mit einem historischen Umbruch in dieser Zeit zu tun:
Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts besteht Deutschland noch aus vielen kleinen Staaten.
Gleichzeitig gibt es eine starke Nationalbewegung, die sich für einen vereinten deutschen Nationalstaat einsetzt.
Einige Jahre nach Goethes Tod 1832 erklärt man ihn und Schiller zu Nationaldichtern,
also gewissermaßen zum kulturellen Klebstoff, der den ersehnten deutschen Staat verbinden soll.
Ein Hinweis darauf sind zum Beispiel die vielen Denkmäler von den beiden.
Heute am bekanntesten ist wohl das Goethe-und-Schiller-Denkmal vor dem Weimarer Theater, das 1857 eingeweiht wird.
Zwei Jahre später, anlässlich von Schillers 100. Geburtstag ehren Menschen den Dichter in vielen deutschen Städten bei sogenannten Schillerfeiern und versammeln sich für patriotische Umzüge.
Und das, obwohl Schiller und Goethe selbst sich nie besonders für einen deutschen Nationalstaat stark gemacht haben.
Die patriotische Überhöhung der beiden Dichter trägt stark zu der Überzeugung bei,
dass mit ihnen der Gipfel deutscher Kultur erreicht worden sei.
Im 19. Jahrhundert werden Goethe und Schiller so zu Klassikern der deutschen Literatur erhoben.
Gerade der Begriff „Weimarer Klassik“ wird mittlerweile aber kritischer gesehen.
Die aktuelle Literaturwissenschaft betont, dass Goethe und Schiller nicht allein eine ganze Literaturepoche geprägt haben.
Allerdings benutzt sie weiterhin das Schlagwort „Weimarer Klassik“,
um die enge Zusammenarbeit zwischen Goethe und Schiller zu beschreiben und einzelne ihrer Werke einzuordnen.
Die Idee der Weimarer Klassik als eigene Literaturepoche hat ihre Wurzeln im 19. Jahrhundert.
Aber auch im 20. Jahrhundert werden die Namen von Goethe und Schiller immer wieder für politische Zwecke herangezogen.
Besonders verdreht wird ihr Erbe in der Zeit des Nationalsozialismus, also zwischen 1933 und 1945.
1934 erscheint etwa das Buch „Schiller als Kampfgenosse Hitlers“,
und der Germanistikprofessor Julius Petersen verkündet im selben Jahr, Schiller und Goethe seien „die ersten Nationalsozialisten“ gewesen.
Heute können wir nüchterner auf Goethe und Schiller schauen.
Dabei wird deutlich, dass es in ihrem Leben viele Parallelen gibt.
Beide werden schon früh zu gefeierten Schriftstellern,
auch weil immer mehr Menschen Ende des 18. Jahrhunderts überhaupt Bücher lesen.
Beide lehnen die Gewaltexzesse der Französischen Revolution ab und betonen in ihren späteren Werken stattdessen moralische Ideale wie Humanität.
Und beide werden nach ihrem Tod von der Nationalbewegung des 19. Jahrhunderts vereinnahmt und zu Klassikern erhoben.
Aber wie seht ihr das denn?
Zählen Goethe und Schiller für euch zu den Autoren, deren Werke man unbedingt lesen muss?
Oder sollten andere Schriftsteller vielleicht mehr Aufmerksamkeit erhalten?
Und wenn ja, wer? Schreibt uns gerne eure Meinung in die Kommentare?
Und wie gesagt, schreibt eure „Faust“-Zitate auch gerne unten rein.
Ich bin sehr gespannt, was euch da alles so einfällt.
Danke schon mal dafür.
In dem Jahr findet ihr noch zwei weitere Videos hier vom Kanal.
Schaut da gerne mal rein. Euch noch eine gute Zeit.
Danke fürs Zuschauen und bis zum nächsten Mal.
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