德语助手
2024-12-22
Die Deutschen haben die USA wie fast kein anderes Volk geprägt.
Während man heute aufgrund der Sprache vor allem an die Briten und Iren denkt,
gab es eine Zeit, in der die Deutschen die größte Auswanderungsgruppe in die Vereinigten Staaten ausmachten.
Bis heute geben über 40 Millionen Amerikaner an, deutscher Abstammung zu sein.
Damit machen die Deutschen mit Abstand die größte Ethnie im ganzen Land aus,
also noch vor den Iren mit gut 30 Millionen und den Engländern und Afroamerikanern mit jeweils knapp 25 Millionen.
Vieles änderte sich natürlich über den Lauf der Geschichte,
besonders die beiden Weltkriege und die Verschmelzung der Kulturen hatten großen Einfluss auf die deutsche Präsenz.
Doch auf einem konzentrierten Fleck,
genauer gesagt einem Bundesstaat, ist die ursprüngliche deutsche Kultur bis heute besonders stark erhalten geblieben.
Die Rede ist von Wisconsin im Mittleren Westen.
Dieser US-Staat ist bis heute ein lebendiges Zeugnis deutscher Einwanderung und Tradition und dort bezeichnet er sich mehr als die Hälfte als ethnisch-deutsch.
Mit seinen zahlreichen Oktoberfesten,
deutschen Brauereien und einer Vielzahl an deutschen Nachnamen und Festen stellt Milwaukee,
die größte Stadt Wisconsins, das Herzstück deutscher Kultur in den USA dar.
Aber im ganzen Bundesstaat finden sich Spuren aus der alten Heimat an fast jeder Ecke,
von der Architektur über die Küche bis hin zu den kulturellen Veranstaltungen.
In den USA wird Wisconsin deshalb häufig einfach als The German State bezeichnet.
Doch warum hat es genau dort so viele Deutsche hingezogen?
Und die viel wichtigere Frage, warum ist ausgerechnet dort die deutsche Kultur auch heute noch so stark erhalten geblieben?
So stark, dass sich dort sogar ein eigener Dialekt,
nämlich das Wisconsin-Deutsche herausgebildet hat.
All diese spannenden Fragen schauen wir uns im heutigen Video an, viel Spaß.
Der Beginn der deutschen Einwanderung in den mittleren Westen lässt sich auf die 1830er Jahre datieren.
In dieser Zeit wurden die ersten größeren Ansiedlungen deutscher Einwanderer in Milwaukee,
der bis heute größten Stadt des Bundesstaates und den umliegenden Gebieten gegründet.
Als erste deutsche Stadt gilt dabei Freistadt,
das 1839 von 300 deutschen Lutheranern aus Pommern gegründet wurde.
Sie flohen damals vor den preußischen Religionsreformen und Verfolgungen.
Und sie nannten ihre Kolonie Freistadt bzw.
Freie Stadt, wahrscheinlich um an ihre neu gewonnene Religionsfreiheit in Amerika zu erinnern.
Diese frühen deutschen Siedler wurden neben der Religionsfreiheit vor allem von der Aussicht auf ein besseres Leben,
wirtschaftlichen Chancen und die Verfügbarkeit von erschwinglichem Land angelockt.
Und die Zahl der Auswanderer stieg rapide an,
besonders bedingt durch die politischen Unruhen und Revolutionen in Deutschland im Jahr 1848.
Die damalige Revolution war geprägt von Forderungen nach mehr Demokratie,
Bürgerrechten und nationaler Einheit.
Jedoch scheiterten die Forderungen und die politischen Repressionen nahmen weiter zu.
Und so sahen viele Deutsche keine Zukunft mehr in ihrer Heimat und suchten nach einem neuen Anfang in Übersee.
Diese Auswanderer wurden später als Forty-Eighters bezeichnet und viele von ihnen ließen sich besonders in Milwaukee nieder.
Nicht nur galt die Region im Norden der USA als besonders liberal und politisch frei,
ebenfalls bot sie ideale wirtschaftliche Bedingungen,
um sich ein neues Leben aufzubauen.
Die aufstrebende Wirtschaft in Wisconsin bot zahlreiche Arbeitsmöglichkeiten in der Landwirtschaft,
Industrie und im Handwerk.
Besonders in letzterem wurden unbedingt Deutsche gesucht,
die für ihre exzellenten Handwerksfähigkeiten in den ganzen USA geschätzt wurden.
Doch auch im Maschinenbau, dem Holzbau und der Landwirtschaft fanden viele Deutsche schnell lukrative Jobs.
Und so stellten die Deutschen ziemlich schnell die absolute Mehrheit in ganz Wisconsin.
Die Metropole Milwaukee wurde zum zentralen Anlaufpunkt für deutsche Einwanderer und wurde in der amerikanischen Presse nur noch als Deutsch-Athen bezeichnet.
Denn so wie das griechische Athen in der Antike als kulturelles Zentrum bekannt war,
so wurde auch Milwaukee als Zentrum der deutschen Kultur in ganz Amerika bekannt.
Es entstanden vollständige deutsche Stadtviertel und Gemeinden im gesamten Bundesstaat.
Zudem gründeten sich bald Vereine wie Schützen- oder Gesangsvereine, Kulturzentren,
Medienunternehmen, die deutsche Zeitungen produzierten und deutsche Schulen.
Besonders durch letztere Beide wurde die deutsche Sprache im ganzen Bundesstaat bekannt.
Und auch Nicht-Deutsche lernten häufig die Sprache,
um im Alltagsleben mit den vielen Deutschen kommunizieren zu können.
Es entstand so ein vollständig eigener Dialekt, der bis heute als Wisconsin-Deutsch bezeichnet wird.
Denn anders als andere Herkunftssprachen, die in der Regel in der dritten Generation ausstarben,
haben Sprecher des Wisconsin-Deutschen ihre Herkunftssprache neben dem Englischen über mehrere Generationen hinweg bis weit ins 20. Jahrhundert beibehalten.
Doch warum war dies der Fall?
Die Antwort ist eigentlich relativ einfach.
In fast allen anderen Bundesstaaten machten die Deutschen nur eine von vielen weiteren Minderheiten aus.
Sie lernten also schnell die Amtssprache Englisch,
um auch mit den anderen Auswanderern kommunizieren und am öffentlichen Leben teilnehmen zu können.
Doch in Wisconsin stellten die Deutschen mit großem Abstand die Mehrheit der Bevölkerung dar,
weshalb es nicht nötig war, eine andere Sprache zu lernen.
Es sprach ja ohnehin fast jeder Deutsch und dort mussten eben eher die anderen Minderheiten sich anpassen.
Wie bereits erwähnt wurde dieser Prozess durch die vielen örtlichen Kirchen,
Schulen und die Presse, die ausschließlich Deutsch verwendeten, noch verstärkt.
Dennoch unterscheidet sich das Wisconsin-Deutsch in vielen Merkmalen schon erheblich vom heutigen Standarddeutsch.
Denn die Auswanderer kamen nicht aus einer speziellen deutschen Region,
sondern aus fast allen deutschen Landen.
Darunter Pommern, Posen, dem Rheinland, Westfalen, Bayern, Württemberg und Sachsen,
aber auch aus Luxemburg, Österreich und der Schweiz.
Jede Gruppe brachte somit ihren eigenen Dialekt mit und alle vermischten sich irgendwie zum Wisconsin-Deutschen.
Viele Auswanderer waren damit zweisprachig,
da sie in ihren Gemeinden den jeweiligen Dialektsprachen als übergreifende Verständigungssprache aber Wisconsin-Deutsch verwendeten.
Zudem kam im Geschäftsleben auch noch das Englische hinzu.
Die markantesten Merkmale des Wisconsin-Deutschen sind dabei der Verlust des Dativs,
zahlreiche englische Lehnwörter wie Truck für LKW oder Store für Laden und Vereinfachungen der Verbkonjugationen wie ich hab statt ich habe.
Auch die Satzstruktur wurde vom Englischen beeinflusst.
So heißt es zum Beispiel, ich bin going statt ich gehe.
Bis heute gibt es dabei immer noch über 36.000 Menschen, die das Wisconsin-Deutsche als Muttersprache sprechen.
Es werden mit Sicherheit noch deutlich mehr,
aber besonders zwei Ereignisse versetzen den deutschen Auswanderern in ganz Amerika einen tiefen Dämpfer.
Das sind natürlich die beiden Weltkriege.
Viele Deutsche wurden in dieser Zeit als Spione des Feindes stigmatisiert und Deutsch wurde an allen öffentlichen Einrichtungen verboten,
wurde gesagt im Alltag Stück für Stück seine wichtige Rolle verlor.
Viele Deutsche passten daraufhin ihre Nachnamen an,
aus Müller wurde zum Beispiel Muller und die britisch-irische Kultur setzte sich stärker durch.
Vielerorts ging die deutsche Kultur dadurch vollständig verloren, nicht jedoch in Wisconsin.
Nach den schwierigen Jahrzehnten fand ab den 50ern eine rasche Erholung statt und es gab eine erneute Wertschätzung und Wiederbelebung der deutschen Kultur.
Deutsche Brauereien, Biergärten und Restaurants florierten.
Dort gibt es bis heute Landjäger, Bratwurst, Currywurst, Schnitzel und Brezel.
Dazu deutsches Bier, wie das Münchner Hofbräu, aber auch aus zahlreichen Lokalbrauereien.
Es entstand zudem ein großes Oktoberfest, das Menschen aus dem ganzen Land anzieht.
Und auch traditionelle deutsche Bäckereien und Metzgereien sind weit verbreitet und sehr beliebt.
Und auch in der Architektur, im Straßenbild und der Firmenwelt ist die deutsche Kultur wohl so präsent wie in keinem anderen US-Bundesstaat.
Deutsche Unternehmen haben besonders gerne Niederlassungen in Wisconsin und es gibt enge wirtschaftliche Verbindungen zwischen Deutschland und dem Bundesstaat.
Viele Deutsche gründeten auch direkt vor Ort ihre eigenen Unternehmen.
Ebenso konnten sich auch deutsche Architekten in der neuen Welt austoben.
Das Germania Building war einst das höchste Gebäude in ganz Milwaukee.
Und Orte wie Germantown und New Glarus könnten genauso auch in Deutschland,
Österreich oder der Schweiz stehen und die Großstädte haben komplette deutsche Bezirke.
Dort gibt es bis heute auch viele deutsche Schulen.
Die Identität der Deutschamerikaner in Wisconsin entwickelte sich aber weiter,
wobei sie sich stärker als Amerikaner sehen,
während sie dennoch stolz auf ihr Erbe bleiben.
Im Alltag wird heute fast ausschließlich Englisch gesprochen,
Deutsch fungiert aber mancherorts immer noch als Zweitsprache.
Heutzutage spielt auch noch der Tourismus eine tragende Rolle.
Einerseits kommen Amerikaner, die die deutsche Kultur möglichst authentisch erleben wollen,
andererseits aber auch Deutsche, um zu erleben,
wie sich die deutschen Traditionen auf der anderen Seite des großen Teichs entwickelten.
Und hier habe ich zum Schluss noch eine Karte,
die zeigt, in welchen Städten und Regionen des Bundesstaates die Deutsch-Amerikaner bis heute noch die Mehrheit stellen.
Ziemlich erstaunlich, oder?
So, das war's mit dem Video.
Kanntet ihr diesen verrückten deutschen Bundesstaat in den USA?
Schreibt es gerne mal in die Kommentare.
Ansonsten kann ich euch noch sehr mein Video über das verrückte deutsche Dorf inmitten des peruanischen Regenwalds empfehlen.
Ich verlinke es euch direkt hier.
Viel Spaß beim Anschauen und ich sag ciao.
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