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2024-10-21
Magie!
Magie ist, wenn Uri Geller seine Löffel verbiegt, Bibi Blocksberg auf Kartoffelbrei abhebt oder
wenn der übertrieben gute Soundtrack zu "Drachenzähmen leicht gemacht" in deine Kopfhörer schallert.
Einer meiner ersten Kontakte mit Magie im Film war die Harry-Potter-Reihe.
Wie viele aus meiner Generation hab ich die magische Welt von Hogwarts gemeinsam mit Harry,
Ron und Hermine lieben gelernt und schon früh versucht,
mit einem herkömmlichen Stock Zaubererduelle zu veranstalten.
Was nicht alle wissen: Hinter der Magie in unseren Lieblingsgeschichten steckt meistens ein System.
Niemand anderes als Brandon Sanderson,
der Autor hinter der Mistborn-Serie oder Das Rad der Zeit,
hat sich mehr mit Magiesystemen befasst.
Er hat mit den Begriffen "Soft" und "Hard Magic" das erste Mal beschrieben,
wieso Magie manchmal klare Regeln hat und manchmal mysteriöser ist.
Seine Gedanken zu Magiesystemen sind eine nützliche Grundlage für die Arbeit an Fantasywelten.
Ohne seine Magiegesetze würden wir wahrscheinlich andauernd Romane in die Ecke schmeißen und schreien:
"Das ergibt doch alles keinen Sinn!"
Wie sieht es jetzt mit Harry Potter aus?
Wie weich oder hart ist die Magie der Zaubererwelt?
Mit Brandon Sandersons Hilfe schaue ich mir die Magie von Harry heute genau an.
Wie Magie sich in der Welt von Harry Potter anfühlt,
was für Lücken das Grundmaterial liefert und wieso gerade die Filme es schaffen,
uns zu verzaubern, das erfahrt ihr in einem neuen Special auf dem Kanal "Cinema Strikes Back".
Ich war selbst überrascht.
Wenn man alle ausgeführten Zaubersprüche der acht Harry-Potter-Filme aneinanderreiht,
kommen am Ende nur ungefähr 17 Minuten dabei raus.
Im ganzen ersten Harry-Potter-Teil Der Stein der Weisen führt Harry keinen einzigen richtigen Zauberspruch aus.
Krass, oder?
Eine Ausnahme bilden die Szenen, in denen Harry seinem Besen befiehlt, loszufliegen, oder als er bei Ollivander seinen Zauberstab testet.
Beide Male benutzt er nicht wirklich seinen Zauberstab oder eben keinen Zauberspruch.
Selbst in der bekannten Wingardium-Leviosa-Szene scheint er nur die Worte zu üben.
Das erste Mal beweisen kann er sich erst im Duell gegen Draco Malfoy in Harry Potter und die Kammer des Schreckens.
Der Spruch Rictusempra, den Harry dort benutzt, ist im Buch übrigens eigentlich ein Kitzelzauber.
Für die Studio-Bosse war das wohl nicht cool genug.
Im Film schleudert der Zauber Draco brutal nach hinten.
Die Welt von Harry Potter ist aber viel mehr als ihre Zaubersprüche.
Zu der Magie gehören Gegenstände wie fliegende Besen oder der Spiegel Nerhegeb,
magische Wesen wie Niffler und Hippogreife oder Pflanzen wie zum Beispiel die Alraunen genauso dazu.
Dabei lernen wir die für Muggel versteckte Zauberergesellschaft durch Harrys Augen kennen und wundern uns über die irrwitzigen Details, mit der diese Welt zum Leben erweckt wird.
Ich erinnere mich noch an eine besondere Stelle aus dem Buch.
Harry ist dort neu im Fuchsbau bei den Weasleys zu Besuch und staunt über die Uhr an der Wand,
die nur einen Zeiger und überhaupt keine Ziffern hat.
Stattdessen steht so was wie: "Du kommst zu spät", am Rand.
Am Kaminsims stapeln sich die Bücher mit dem Titel "Magie beim Backen" und aus dem Radio ertönt die Hexenstunde mit der bezaubernden singenden Hexe Celestina Warbeck.
Die Szene allein beschreibt sehr gut dieses wohlige Harry-Potter-Gefühl.
Während man selbst fasziniert ist von fliegenden Ford Anglias und dem Monsterbuch der Monster,
ist Mister Weasley passenderweise von der Muggelwelt fasziniert und will von Harry genau erklärt haben, wie man in London mit der U-Bahn fährt.
Anders als bei den Fantasywelten von Mittelerde, Westeros und Co.
ist der Charme von Harry Potter der Gedanke, dass ganz nah an dem uns Bekannten eine magische Welt voller Wunder wartet.
Wenn Harry das erste Mal die Winkelgasse besucht und damit endlich das trostlose Leben bei den Dursleys hinter sich lässt, packt mich jedes Mal die Euphorie.
Geil! Endlich ganz viel kaufen.
Wer aufpasst, dem fällt auf, wie viel sich die Autorin J.K. Rowling von schon bestehenden Mythen und Märchen hat inspirieren lassen.
Fluffy ist zum Beispiel eine Version von dem Höllenhund Cerberus aus der griechischen Mythologie.
Und auch Einhörner, Alchemie oder Zentauren waren dem Fantasygenre vorher schon ein Begriff.
Harry Potter ist aber vielleicht die erste sehr populäre Geschichte, die Magie in einem formellen Schulsystem aufdröselt.
Es gibt so viele Zaubersprüche für unterschiedliche Bedürfnisse, die mit einer bestimmten Zauberstabbewegung kombiniert werden.
Wutschen und wedeln, ihr kennt es.
Laut J.K. Rowling weiß in der Welt von Harry Potter niemand so genau, wo Magie herkommt.
Dabei ist Magie eine erbliche Fähigkeit, die es Zauberern und Hexen ermöglicht,
ihre natürliche Veranlagung zur Magie mit einem Zauberstab zu fokussieren.
Selbst mit zwei Jahren besitzt Harry also die Fähigkeit zu zaubern.
Beschrieben wird es in den Büchern wie eine Art Impuls, der oft mit Gefühlsausbrüchen einhergeht.
Damit er nicht jedes Mal, wenn er wütend ist, seine Tante aufbläst, muss er lernen,
seine Magie in einer Zaubererschule wie Hogwarts besser zu kontrollieren.
Mit jedem Buch oder Film erscheinen uns die magische Welt und auch die Möglichkeiten von Harrys Magie größer.
Im Laufe der Schuljahre lernen wir gemeinsam mit ihm eine Menge über Zaubertränke, Verwandlung oder Verteidigung gegen die dunklen Künste.
Das bringt uns auch schon zum ersten von drei Gesetzen eines guten Magiesystems nach Brandon Sanderson:
Die Fähigkeit eines Autors, Konflikte mit Magie zu lösen, ist direkt proportional dazu, wie gut der Leser die Magie verstehet.
Je weniger uns in einer Geschichte die Eigenschaften, Grenzen und Ausmaße von Magie erklärt werden,
desto weniger sollte Magie dazu benutzt werden, die Probleme der Figuren zu lösen.
Eng damit verbunden ist das, was Sanderson "weiche Magiesysteme" nennt.
Damit sind Magiesysteme gemeint, die keine strengen Regeln besitzen und deswegen meistens abstrakt bleiben.
Das bekannteste Beispiel ist J.R.R. Tolkiens Legendarium.
In der Herr-der-Ringe-Trilogie oder in Der Hobbit wird Magie als mysteriöses Element genutzt,
was uns als lesende Personen ein Gefühl von Ungewissheit und Spannung vermittelt.
Wir wissen eben nicht genau, wer Tom Bombadil ist oder was genau Gandalf mit seinem Stab alles so kann.
Das ist hier nicht weiter schlimm, weil Magie nicht dazu genutzt wird, alle Konflikte aus der Welt zu schaffen.
Stattdessen erfahren wir die Geschichte aus der Perspektive von Frodo oder Bilbo.
Sie sind nichtmagische Hobbits, die sich selber nur ehrfürchtig von Gandalfs Magie erzählen und es sowieso schwerer haben.
Ähnlich ist es bei George R.R. Martins Fantasy-Saga Das Lied von Eis und Feuer.
Sobald Melisandre immer in letzter Minute auftauchen würde,
um mit ihrer schwammig erklärten Feuermagie alle Probleme in ihrem Sinne zu klären,
würde man schnell ein Deux-Ex-Machina-Gefühl bekommen.
Meistens verwendet man den Begriff negativ.
Beim Drehbuchschreiben ist es eine sehr plumpe Art,
einen Konflikt von einer höheren Macht und meistens aus dem Nichts heraus lösen zu lassen.
Auf gut Deutsch: Man fühlt sich etwas verarscht.
Auf der anderen Seite des Spektrums stehen "härtere Magiesysteme".
Hier ist Magie meistens Grundlage des Worldbuildings oder wichtiger Bestandteil der Handlung.
Es gibt mehr Regeln, aber auch Grenzen und Konsequenzen für das Nutzen von Magie.
Der Vorteil: Man empfindet ein starkes Gefühl von Genugtuung,
wenn am Anfang von Der Herr der Elemente etabliert wird, dass Katara Wasser in der Nähe benötigt,
um es zu bändigen, und sie sich dann mit kleinen Schweißtropfen aus dem Gefängnis befreit.
Die Welt von Harry Potter lässt sich ungefähr in der Mitte des Soft- und Hard-Magic-Spektrums einordnen.
Jedes Buch enthält Grenzen und Regeln des Zauberns.
Wenn Seamus nicht richtig wutscht und wedelt, dann geht der Zauber schief.
Und dass Harry den Patronusspruch müßig erlernen muss,
ist wichtig für den Spannungsbogen der Handlung des dritten Teils.
Harrys magische Kräfte reichen noch nicht an die von erwachsenen Zauberern und Hexen ran.
Das bewahrt uns vor Vorhersehbarkeit und Langeweile.
Aber insgesamt erschließt sich uns das Ausmaß von Harrys Magie nie ganz.
Grundsätzlich ist es ein weiches Magiesystem,
was sich Schuljahr für Schuljahr an neue Probleme in Harrys Leben anpassen kann.
Obwohl Magie fast wissenschaftlich angewendet wird,
also in Form von Zaubertränken und -sprüchen, existieren eben auch sehr mysteriöse, also weiche Formen von Magie.
Zum Beispiel der Grund, wieso Voldemort Harry als Kind nicht töten konnte.
Ihr wisst schon.
Liebe, Harry, Liebe.
Hier kommt das zweite Gesetz von Sanderson ins Spiel: Die Grenzen der Magie sind wichtiger als ihre Kräfte.
Sanderson rät, erst recht, wenn man ein härteres Magiesystem kreiert,
sollte man an erster Stelle über die Limitationen, Schwächen und Kosten der Magie nachdenken.
So ganz nach dem Motto: Supermans Schwäche, Kryptonit, ist berühmter als seine Kräfte.
Die durchdachtesten Magiesysteme etablieren früh gewisse Grenzen.
In den Eragon-Büchern zehrt Magie an deinen körperlichen Kräften,
oder in Robert Jordans Romanreihe Das Rad der Zeit verlieren Männer,
die Magie benutzen, mit der Zeit ihren Verstand.
Die Magie von Hexen und Zauberern in Harry Potter hat ihre Grenzen.
Gegenstände, die man heraufbeschwört, können nur für eine gewisse Zeit existieren.
Objekte, die man vergrößert, explodieren ab einem gewissen Grad.
Wenn man einen Kuchen mit einem Zauberspruch verdoppelt, ist er auch nur halb so sättigend wie das Original.
Etwas sehr Essentielles lernen wir im Buch Harry Potter und der Feuerkelch.
Da heißt es: Kein Zauber kann die Toten wieder erwecken.
Leichen können zwar mit einem Zauber zu Inferi verwandelt werden, die sind aber nur willenlose, zombieartige Wesen.
Selbst der Stein der Auferstehung als Heiligtum des Todes schafft nur ein fades Abbild der Verstorbenen.
Wer die animierte Sequenz in Heiligtümer des Todes Teil eins so unnötig oft gesehen hat wie ich,
der weiß auch, dass es nicht so super für den Träger des Rings ...
Steins endet.
Eine weitere Limitation wurde so spät hinzugefügt, dass viele zu Recht verwirrt waren.
In Heiligtümer des Todes redet Hermine plötzlich von: Camps Gesetz der Elementaren Transfiguration,
das erklären soll, wieso man Essen nicht aus dem Nichts heraufbeschwören kann.
Etwas weird, wenn man darüber nachdenkt,
dass ein paar Bücher vorher Ollivander Wein aus Harrys Zauberstab schießen lässt.
Hier wird dann versucht, ein weicheres Magiesystem im Nachhinein in ein härteres Gerüst zu pressen.
Die Gefahr, sich mit Magieregeln zu verzetteln, ist relativ hoch.
Und, äh, ja, sagen wir mal so: die Harry-Potter-Bücher und -Filme sind voller Inkonsistenzen.
Das dritte Magiegesetz von Brandon Sanderson lautet nämlich:#
Erweitere erst, as, was du bereits etabliert hast, bevor du etwas Neues hinzufügst.
Das heißt: Immer erst Schritt für Schritt die bereits eingeführten Regeln des Magiesystems erforschen, anstatt auf einmal drei neue Kuchen anzuschneiden.
Hier spricht er auch davon, dass viele Werke an einer gewissen "Worldbuilder-Krankheit" leiden.
Die ersten 20 Minuten eines Romans oder Drehbuchs sind sozusagen übererklärte Expositionen, anstatt einer spannenden Handlung Raum zu geben.
Anders herum ist es aber auch nicht so supersinnvoll, sich zu wenig Gedanken um Worldbuilding zu machen.
Die perfekte Mitte ist zum Beispiel ein Magiesystem, was ein paar wenige Kräfte hat, dafür aber gut durchdachte, die man tiefgründig kennenlernt.
Die Tatsache, dass Harry in Hogwarts mit den Magic-Basics anfängt und sich langsam hocharbeitet,
verhindert auch, dass wir direkt im ersten Teil zum Beispiel mit den Hintergründen des Priori-Incantatem-Zaubers überfordert sind.
Stattdessen ist Harry sich nie zu schade, für uns häppchenweise nachzufragen,
wie jetzt genau dieses oder jenes funktioniert.
Andererseits sind die Regeln des Zauberns manchmal so spezifisch und irgendwann gibt es davon so viele,
dass vielleicht auch J.K. Rowling den Überblick verloren hat.
Es wird sich immer wieder über einige Logiklücken in ihrer Geschichte beschwert.
Fanden die Weasley-Zwillinge das nicht sus,
als sie auf der Karte des Rumtreibers den Namen Peter Pettigrew gesehen haben, der bei Ron im Bett schläft?
Wieso kann Harry erst ab Teil fünf die Thestrale sehen?
Und wie funktioniert das mit dem Geld in Harry Potter, wenn man doch gewisse Gegenstände materialisieren kann?
Für viele dieser Lücken gibt es bessere und schlechtere Fantheorien.
Insgesamt kann man aber sagen, dass einige Elemente des Worldbuildings nicht rund erzählt sind.
Ich persönlich finde, der Mix aus den mysteriösen Rahmenbedingungen der Magie bei gleichzeitig härteren, detaillierten Regeln ist zum Großteil gut gelungen.
Ich kann aber auch verstehen, wenn man Harry Potter in der Walk of Fame der Magiesysteme nicht als Allererstes nennt.
Aber trotzdem, die Magie der Harry-Potter-Filme und -Bücher hat vielen inklusive mir die Kindheit versüßt.
Die Harry-Potter-Filme standen vor der fast unmöglichen Aufgabe, die Vorstellungen von Millionen Buchfans zu treffen.
Gerade wie sich die Magie dort anfühlt, ist geprägt von dem Set- und Kostümdesign und besonders von dem Sound.
"Expecto Patronum!"
Jedes Mal, wenn Personen in den Harry-Potter-Filmen zaubern, hören wir unterschiedliche Geräusche.
Ein Spruch wie Petrificus Totalus klingt wie ein See, der gefriert, und ein Feuerzauber wie das Dämonsfeuer erinnert an knisternde Flammen.
Das Sounddesign von Der Gefangene von Askaban strukturiert sich rund um den wichtigsten Einsatz von Magie im ganzen Film: den Patronus-Zauber.
Deswegen klingen die Zaubersprüche hier so verwunschen.
In den späteren Teilen ist der Sound immer mehr zugeschnitten auf die Person und den Zeitpunkt des Zaubers.
Irgendwie passend, dass in der Welt von Harry Potter Emotionen eine Menge Einfluss auf die magischen Fähigkeiten von Hexen und Zauberern besitzen.
In den Büchern hat sich Tonks' Patronus durch ihre Liebe zu Lupin in einen Wolf verwandelt.
Und die Mutter von Voldemort konnte erst besser zaubern, als sie von dem Missbrauch ihres Vaters und Bruder befreit war.
Am Ende ist es doch die filmische Umsetzung von Magie,
wie sie aussieht und sich anhört, die in den Filmen am besten Emotionen transportiert.
Haut gerne in die Kommis, was euer Lieblingsmagiesystem aus einer Fantasywelt ist.
Der Dezember ist kalt und dunkel, deswegen kann ich euch den letzten "5 Minuten Harry Podcast" von "Coldmirror" empfehlen oder unser letztes Harry-Potter-Special,
wo wir mit der lieben Barbie Breakout unter anderem über J.K. Rowlings Transphobie und den Zustand des Harry-Potter-Universums gesprochen haben.
Ansonsten Valar morghulis oder so und bis zum nächsten Mal hier auf dem Kanal "Cinema Strikes Back".
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