德语助手
2021-08-19
„Ja, ne. Also Gleichberechtigung und so. Das ist schon wichtig.
Aber ich bin doch eher für Humanismus, nicht für Feminismus".
Solche und so ähnliche Aussagen höre ich immer wieder von allen möglichen Leuten.
Sogar von selbstbewussten und emanzipierten Frauen, die sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen.
Das ärgert mich.
Denn Diese Aussage greift viel zu kurz!
Was der Unterschied zwischen Humanismus und Feminismus ist und weshalb Feminismus mindestens genauso wichtig ist wie Humanismus, dazu gleich mehr!
„Die Würde des Menschen ist unantastbar"! – so lautet die großartige Maxime, mit der sogar unser Grundgesetz beginnt und die zum Glück für die allermeisten von uns gesetzt ist.
Diesen Satz würden wohl auch alle Christ*innen unterschreiben, immerhin haben der Respekt vor dem Leben und die Würde eines jeden Menschen biblische Wurzeln - ich sage nur Gottebenbildlichkeit und „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst und so".
Und trotzdem haben wir es dem Humanismus zu verdanken, dass, basierend auf dieser Annahme, der Mensch als Individuum in den Mittelpunkt der Überlegungen rückte.
Und da kommen wir auch schon zum Casus Knacksus der Problematik:
Humanismus ist erst einmal vor allem eine theoretische Geisteshaltung.
Er beinhaltet nicht aus sich heraus den Anspruch nach sozialem Engagement oder nach konkreten, politischen Maßnahmen.
Das heißt also: Auch wenn der Humanismus betont, dass die Würde eines jeden Menschen unantastbar ist, gibt er nicht automatisch die Antwort darauf, wie wir damit umzugehen haben, wenn sie doch angetastet wird.
Und seien wir ehrlich: Das passiert andauernd und überall.
Betroffen sind vor allem Frauen und Minderheiten.
Kleines plastisches Beispiel aus der Zeitgeschichte zur Verdeutlichung:
Obwohl der Philosoph Immanuel Kant in der Lage war, so kluge Ideen wie den kategorischen Imperativ zu entwickeln, hinderte ihn das nicht daran, seine rassistischen Ansichten in die Welt zu posaunen und die Überlegenheit der „weißen Rasse" zu feiern.
Theorie und Praxis lagen hier also echt weit auseinander.
Das heißt natürlich noch lange nicht, dass moderne Humanist*innen sich nicht auch politisch engagieren.
Trotzdem beinhaltet der Begriff „Humanismus" im Gegensatz zum „Feminismus" nicht automatisch auch den Anspruch des sozialen Engagements.
Setzt man also den aus der philosophischen Tradition stammenden Begriff „Humanismus" mit dem Streben nach Gleichberechtigung, das sich ganz konkret durch aktives Handeln äußert, gleich, ist das problematisch.
Und da kommen wir auch schon zum Feminismus.
Im Gegensatz zum Humanismus ist der nämlich keine philosophische Denkrichtung, sondern von vornerein eine politische Bewegung.
Feminismus zeigt, wo das theoretische Ideal der Gleichheit aller Menschen eben nicht mit der Realität übereinstimmt.
Und das ganz konkret.
Er guckt sich quasi ganz genau an, wo es hapert.
Machtverhältnisse werden unter die Lupe genommen, strukturelle Diskriminierung und Sexismus werden aufgezeigt und die tatsächliche Gleichwertigkeit aller Menschen betont.
Und: Es werden konkrete Veränderungen gefordert!
Das Gute daran: Feminismus und Humanismus schließen sich keinesfalls aus!
Denn, nur wenn wir ganz genau hingucken, können wir Lösungen erarbeiten, die für alle Menschen dienlich sind.
Nur weil man konkret wird, heißt das noch lange nicht, dass man etwas anderes ausschließt.
Ich habe mal ein cooles Beispiel gehört, das dies veranschaulicht:
Wer der Meinung ist, wir bräuchten keinen Feminismus, sondern sollten uns eher auf den Menschen als solchen konzentrieren, könnte auch sagen, dass wir keine Herzspezialist*innen bräuchten, sondern nur die Allgemeinmedizin.
Dabei ist doch allen klar, dass es nur hilfreich ist, wenn wir Spezialist*innen haben, da sie auf ihrem jeweiligen Gebiet besser ausgestattet und informiert sind.
Damit kümmern sie sich automatisch auch um die Gesamtgesundheit des Menschen.
Wenn das Herz nicht funktioniert, dann geht halt auch der Rest des Körpers den Bach runter.
Deswegen brauchen wir Feminismus!
Feminismus ist eine politische Bewegung.
Sie strebt nach einer gesellschaftlichen Veränderung.
Das Ziel: Chancengleichheit für alle und zwar unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft, Aussehen und Körper.
Feminismus hinterfragt Machtverhältnisse und, ja, dabei guckt er durch die ihm spezifische Gender-Brille.
Das heißt aber noch lange nicht, dass Feminist*innen automatisch Männerhasser*innen sind und andere Menschen ausschließen.
Im Gegenteil! Lasst euch sowas also nicht einreden, sondern seid stolz darauf, wenn ihr euch für Gleichberechtigung stark macht.
Ich für meinen Teil stehe gerne dazu und sage frei heraus:
Ich bin Feministin.
Du auch? Schreib es in die Kommentare!
Für alle, die es bis hier hin geschafft haben, noch ein Hinweis:
Feminist*in zu sein heißt übrigens nicht, dass man automatisch alle Formen von Diskriminierung auf dem Schirm hat.
Letztlich hat das immer etwas mit dem eigenen Kontext und der eigenen Weitsichtigkeit zu tun.
Der intersektionale Feminismus nimmt die Überlappung verschiedener Diskriminierungsformen in den Blick.
Er konzentriert sich also auf Menschen, die Mehrfachdiskriminierung erleben, zum Beispiel, weil sie weibliche People of Colour sind.
Hier gibt's ein spannendes Video dazu.
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