德语助手
2023-12-20
„Miete ist fällig.
Irgendwelche Daueraufträge sind fällig.
Handy-Vertrag ist fällig."
Der gewünschte Gesprächspartner antwortet nicht.
„Am Ende des letzten Monats war ich wirklich sehr, sehr panisch."
In diesem Video geht es um Studierende, die sich im Stich gelassen fühlen.
Wir haben mehr als 2.500 befragt.
„Wenn ihr betroffen seid: unten auf den Link tippen."
Hunderte DMs bekommen und Videos und uns auch auf TikTok umgeschaut.
„Das ist von der fucking Bundesregierung und das ist so schlecht gemacht."
Wir wollen verstehen, warum die Bildungsministerin sagt, „dass wir so schnell mit der BAföG-Reform sind"
und in den Ämtern trotzdem „erstmal der Drucker angeschmissen werden muss".
Wir zeigen dir, dass das eigentliche Problem nicht in den Ämtern sitzt.
Es geht um ein System, das ein grundlegendes Update braucht, aber politisch wenig Priorität hat.
Es könnte sogar sein, dass die BAföG-Sätze verfassungswidrig sind, denn „das Aufstiegsversprechen in unserem Land" wird gerade vor Gericht verhandelt.
Viele Studierende warten gerade lange auf ihren BAföG-Bescheid, manche bis zu fünf Monate.
Das zeigt unsere Befragung über Instagram.
Und mehr als 60 % wissen nicht, wovon sie in dieser Zeit leben sollen.
So eine Befragung ist zwar nicht repräsentativ, aber sie zeigt ein Stimmungsbild und gibt Einblick in ein Problem.
Und das ist für manche existenziell.
„Auf meinem Konto habe ich jetzt gerade minus 900."
Das ist Caroline.
Caroline ist 28.
Nach einer Ausbildung studiert sie Soziale Arbeit in Hamburg.
Seit dem ersten Semester bekommt sie BAföG, aber noch nie musste sie so lange darauf warten wie jetzt.
„Ich habe jetzt seit ... seit September habe ich versucht, sie anzurufen und insgesamt 49 Mal bei ihr angerufen."
Was die Kommunikation mit den Ämtern angeht, da sind viele Betroffene unzufrieden.
Das zeigt auch unsere Befragung.
Jeder zweite Unzufriedene kann telefonisch niemanden erreichen.
Auch per Mail kommt oft nichts zurück.
„Man weiß halt einfach nicht, wann kommt das Geld, wann kann ich damit rechnen?
Da musste ich mich dann hinsetzen und habe alle angerufen und gesagt, wie es gerade ist.
Das sind ja auch keine schönen Telefonate, irgendwo anzurufen und dir dann da quasi die Hose runterzuziehen und sagen: ‚Ja, hey, ich bin arm gerade.'
Kaum Geld und viel Unsicherheit.
Das kennt auch Anna. „Hi."
Anna ist 22 Jahre alt und studiert Architektur in Trier.
Auch sie bekommt BAföG vom ersten Semester an und jedes Mal musste sie länger auf den Bescheid warten.
Dieses Mal ein halbes Jahr.
„Da ist nichts, womit ich einkaufen gehen kann, weil da ist kein Geld."
Die lange Wartezeit erlebt Anna wie einen Flashback, denn sie ist aufgewachsen mit „ganz wenig Geld.
Irgendwann war leider tatsächlich der Punkt, wo meine Mama gemeint hat: ‚Hey, ich habe diesen Monat eigentlich kein Geld für Nahrung.'
Und ich möchte daran arbeiten, dass ich da nie wieder hin muss, weil das für mich echt eine sehr, sehr grausame Situation war."
Auch Carolines Eltern können nicht unterstützen.
„Das war jetzt nicht so, von wegen ‚Papa, zahlst du mal meine Miete?' Das können die nicht."
Für solche Fälle gibt es das „Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG".
„Ein Sprungbrett für alle, für die die Hürde sonst zu hoch wäre.
Springen muss natürlich jeder noch selbst."
Die Hürde, damit sind 36 bis 75.000 € gemeint.
So viel kostet ein Studium, je nachdem, an welcher Uni man studiert, wo man wohnt und wie viel Geld man so braucht.
Aber das Problem ist: BAföG überhaupt zu bekommen, ist für viele auch schon eine große Hürde.
„Sie haben die Formel 3528 bis 9768 nicht korrekt ausgefüllt."
„Dein Einkommen, dein Bruder-, dein Schwester-Einkommen, dein Mama-, dein Dad-Einkommen, dein Hund-Einkommen, everybody's Einkommen."
„Man muss gefühlt alles hundertmal hochladen."
Auch bei unseren Befragten findet mehr als die Hälfte den Antrag kompliziert.
80 % finden ihn aufwendig.
Und Stress? Gibt es für viele noch obendrauf.
Bis alle Formblätter und Belege zusammen sind, dauert es bei vielen bis zu fünf Wochen.
Bei einigen sogar länger.
„Und dann reicht man das ein.
Und dann kommt, was weiß ich, einen Monat oder zwei Monate später wieder ein Brief von wegen ‚Ja, hey, es fehlt schon wieder was.'
„Dann kann sich das ja wieder um Wochen verzögern, wenn nicht sogar Monate."
Fast 9 von 10 Befragten schaffen es nicht, alle geforderten Unterlagen einzureichen.
1, 2, 3, 4, 5.
„Wo finde ich denn das? Und wie kriege ich denn da die...sag mal, Regie?
Könnt ihr mir mal bitte helfen hier?"
Auch für die Ämter ist das aufwendig.
Jeder Fall muss einzeln geprüft werden.
„Jedes Mal aufs Neue."
Fehlt dann was, verzögert das die Bearbeitungsdauer erheblich.
Das haben und die beiden Ämter geschrieben, die für Carolines und Annas Antrag zuständig sind.
Vor allem im Wintersemester.
Da starten 85 % der Erstsemester ihr Studium.
Und die BAföG-Anträge?
Die stapeln sich dann.
Erschwert wird das Ganze auch, weil es den Ämtern offenbar nicht gelingt, Personal zu finden.
„Digga, wenn du deinen Job genauso scheiße findest wie dieses Online-BAföG-Formular, dann kann ich doch nichts dafür."
Dass der BAföG-Antrag seit kurzem auch digital eingereicht werden kann, hat da keine Abhilfe geschaffen.
Im Gegenteil.
„Unser Hochleistungsdrucker.
Hier werden Bescheide gedruckt, die Uploads aus BAföG-Digital.
So zu Hochzeiten laufen hier so 10.000 Blatt pro Tag."
Vom BAföG-Amt in Hamburg erfahren wir: Es wurden extra studentische Aushilfe eingestellt, nur fürs Drucken.
Moment.
Studierende laden ihren Antrag online hoch und auf der anderen Seite drucken ihn Studierende wieder aus?
„Dass es manchmal ein bisschen kompliziert ist, gut, geschenkt."
„Hä?" Denn es fehlt noch was: Die digitale Akte.
Okay. Aber wenn dann irgendwann das Geld kommt.
„Ich bin reich, Leute, reich.
R E I C H."
„Geschafft."
„BAföG, dididididi."
„Doch bei genauerer Betrachtung, löst sich jegliche Euphorie darüber in Rauch auf."
Zumindest ist das bei vielen anderen so.
Denn BAföG reicht ihnen nicht zum Leben – und das könnte sogar verfassungswidrig sein.
Das wird gerade vor Gericht geprüft, denn das Grundgesetz garantiert jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum.
Aktuell liegt der Höchstsatz bei 812 €, wenn man nicht bei den Eltern wohnt.
Wer sich selbst versichern muss, kann bis zu 934 € bekommen.
Darin enthalten ist ein Grundbedarf von 452 € und eine Pauschale von 360 €.
In vielen Städten reicht das nicht aus.
„Hamburg ist halt einfach sauteuer."
Caroline lebt mit ihrem Freund zusammen.
Solange BAföG nicht kommt, zahlt er „alles alleine in diesem Haushalt.
Es ist frustrierend einfach.
Ich bin immer abhängig von anderen."
Mehr als jeder dritte Studierende lebt an der Armutsgrenze, hat also weniger als 1.250 € im Monat.
„Dadurch, dass BAföG, der BAföG-Satz nicht hoch genug ist, muss ich ja noch zusätzlich arbeiten gehen",
„um überhaupt über die Runden zu kommen."
Mehr als 60 % unserer Befragten haben einen Nebenjob.
Das entspricht auch den Zahlen aus anderen Studien.
"Das alles unter einen Hut zu kriegen, ist schon nicht so einfach."
„Und wenn man nebenbei arbeiten geht, eigentlich ein Studium hat und irgendwie das mit dem Geld und den BAföG-Sachen zum Beispiel funktioniert dann nicht.
Das ist wahnsinnig stressig."
„In der Zeit, in der ich arbeiten gehe, hätte ich auch ganz, ganz dringend was für die Hochschule machen müssen."
„Man reißt sich wirklich den Arsch auf, um das alles zu erreichen.
Mit Nebenjob und BAföG reicht es immer gerade so."
Denn auch der selbst verdiente Geldregen ist beschränkt.
Mehr als 520 € pro Monat darf man nicht einnehmen, sonst wird das BAföG gekürzt.
Dass das BAföG ein Makeover gebrauchen könnte, das hat auch die Politik verstanden.
„Wir bringen das BAföG zurück in die Zukunft und passen es an die Realität des 21. Jahrhunderts an."
denn die Realität ist: Nur noch etwa jeder zehnte Studierende bezieht BAföG.
Dabei gibt es sehr viel mehr Studierende als noch in den Siebzigern.
Da wurde BAföG eingeführt.
Damals bekam noch fast jeder Zweite das Geld für den versprochenen Aufstieg durch Bildung, und zwar in bar.
„Wyld."
Damit das Versprechen wieder aufgeht, setzt die Politik gerade eine Reform um, die eine „eine erhebliche Verbesserung und das schon zum Wintersemester 2022/2023" sein sollte.
Und tatsächlich: Es gibt mehr Geld für Grundbedarf und Wohnen.
Außerdem sind jetzt mehr und auch ältere Studierende BAföG-berechtigt.
„Also mega."
Aber gleichzeitig ist auch noch etwas anderes gestiegen: „Die Inflation" und die „Energiekosten".
Und die haben die höheren Beträge direkt wieder gefressen.
„Das Essen ist teurer geworden, die Mieten, Gas, Strom, alles wird teurer."
Unterm Strich waren es 2022 gerade einmal 30 € mehr als im Jahr zuvor.
Und zweimal „einen Heizkosten-Zuschuss" gegen das „Bibbern beim Büffeln".
Die Bundesregierung hat weitere Reformschritte versprochen.
BAföG soll unabhängiger von den Eltern werden und insgesamt weniger bürokratisch.
Für 2024 bekommt das Bildungsministerium mehr Geld für BAföG.
Damit könnten die Bedarf-Sätze aufgestockt werden.
Aber was genau umgesetzt wird, ist unklar.
„Statt Vollgas, Fragezeichen."
Was aber klar ist: „Flexibel und unbürokratisch" wird der BAföG-Antrag so schnell nicht werden.
„Nicht fertig."
„Das ist so frustrierend."
„Digga."
„Ich kann super toll verstehen, warum Leute sagen: ‚Ich brech' mein Studium ab.'
Kurz nach dem Interview erreicht uns diese Nachricht von Caroline.
Caroline bekommt den Höchstsatz und eine Nachzahlung.
Caroline sagt, auf den ständigen BAföG-Stress hat sie kein Bock mehr.
„Ich will auch nicht noch mal drei Monate einfach keinen Cent besitzen.
Als ich das Studium angefangen habe, hatte ich schon Lust, den Master zu machen.
Aber die Lust ist mir im letzten Halbjahr einfach komplett vergangen.
Ich werde erstmal bei meiner Schule, wo ich jetzt arbeite, auf Honorar auch weiter bleiben."
Auch Anna hat mittlerweile ihren BAföG-Bescheid bekommen.
Sie will den Master noch machen.
„Also ich würde alles machen, um meinen Studiengang abzuschließen und dann nimmt man den Stress schon auf sich.
Aber es ist schon wirklich sehr hart."
In Hamburg kostet ein WG Zimmer mittlerweile im Schnitt 600 €.
Wie kann Wohnen so teuer sein?
Wir haben dir die Folge verlinkt.
Die Kollegen von Puls Reportage haben geschaut, ob man eine Woche lang von BAföG leben kann.
Die Folge haben wir dir auch verlinkt.
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