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2017-11-15
Als Arbeitskräfte auf Zeit kamen sie in das Allgäu: Sachsen aus Ostdeutschland. Nach dem Wegfall der innerdeutschen Grenze boten sich im Westen gute Arbeitsmöglichkeiten etwa in Hotels und Restaurants. Das Allgäu, eine Region im südlichen Bayern, lockt mit seiner guten Bergluft, der Natur und seiner Ruhe jedes Jahr Tausende Besucher aus dem In- und Ausland. Wer Bayern besucht, stellt sich auf Tradition, Tracht und die bairische Sprache ein.
Manche Besucherin, mancher Besucher dürfte deshalb überrascht sein, wenn sie oder er in einem der zahlreichen Hotels und Gasthöfe auf Servicepersonal trifft, das aus dem Osten Deutschlands kommt und Sächsisch spricht. Im Alpenraum begegnet man jedoch häufig ostdeutschen Arbeitskräften, weil man sich dort besonders um sie bemüht hat.
Auch der „Birgsauer Hof" gehört dazu. Der Hotelgasthof in dem Ort Birgsau mit seinen breiten Dächern und Holzbalkonen, an denen Blumenkästen mit Geranien hängen, ist typisch für die Region. Er liegt idyllisch – mit Blick auf Almen, Wiesen, auf denen das Vieh im Sommer weidet, und felsige Gipfel. Der„Birgsauer Hof" gilt als das südlichste Hotel Deutschlands.
Inhaberin Martina Berktold-Thaumiller erzählt, wie ihre Gäste auf die ostdeutschen Servicekräfte reagieren und reagiert haben: „Mittlerweile hat man sich dran gewöhnt, und es denkt sich sicher niemand mehr was dabei.
Aber am Anfang war es sicher sehr ungewohnt, und schon so mancher hat dann manches Mal schmunzeln müssen." Martina Berktold-Thaumiller sagt, wie ungewohnt es in der ersten Zeit für ihre Gäste war, dass gerade im Oberallgäu, im äußersten Süden Deutschlands, Sachsen arbeiteten. Sie empfanden es manchmal sogar als lustig, sie mussten schmunzeln. Inzwischen fällt es den Gästen nicht mehr auf, sie denken sich nichts mehr dabei. Es ist kein Zufall, dass gerade hier in der Gegend viele Sachsen arbeiten. Denn die Agentur für Arbeit der nahegelegenen Kreisstadt Sonthofen hatte nach der Wiedervereinigung Deutschlands, nach der sogenannten Wende, 1989/90 gezielt um sie geworben. Der langjährige Leiter der Sonthofener Geschäftsstelle, Wolfgang Scholz, erinnert sich an den Grund: „Wir sind hier im Allgäu eine sehr saisonabhängige Gegend von den Arbeitsplätzen her, und da war es natürlich naheliegend, dort zu suchen, wo wir eventuell neue Köche, neue Servicekräfte bekommen können, und das war nach der Wende eben zunächst Berlin und dann Sachsen." Nach der Wende verließen fast 390.000 Ostdeutsche ihre Heimat und siedelten in die sogenannten alten Bundesländer oder ins Ausland über.
Viele, die in der früheren DDR blieben, hatten keine Arbeit mehr. Daher war es für die Arbeitsagentur in Sonthofen schnell klar, es war naheliegend, dass man sich um ostdeutsche Arbeitskräfte bemüht. Das Allgäu ist das Wintersportgebiet in Deutschland mit den meisten Übernachtungen. Vor allem in dieser Zeit und in den Sommermonaten, in dieser Saison, werden viele Arbeitskräfte benötigt. Die Region ist saisonabhängig.
Die Saisonarbeiter werden für eine befristete Zeit beschäftigt. Die meisten Einheimischen sind ganzjährig in Betrieben der Metallindustrie beschäftigt. Deshalb musste man sich schon immer außerhalb der Region nach anderen Arbeitskräften umsehen. Vor der Wende behalf man sich vor allem mit Saisonarbeitern aus dem östlichen Europa, nun gab es auf einmal auch deutsche Interessenten. Allerdings waren die ersten Versuche, Saisonarbeitskräfte aus dem Osten Berlins anzuwerben, enttäuschend.
Die Großstädter fühlten sich in den abgelegenen Betrieben einfach nicht wohl. 1993 aber begann eine überaus erfolgreiche Kooperation mit dem Arbeitsamt im sächsischen Annaberg. In Bussen wurden Bewerber aus der dortigen Region nach Sonthofen gebracht, oder interessierte Arbeitgeber fuhren nach Annaberg. Der Hotelier Eckart Lässer aus dem Dorf Balderschwang fuhr einmal mit und hielt die damaligen Busaktionen für ideal: „Weil die Mitarbeiter da herkommen, wo es zu wenig Arbeit gibt.
Wir haben zu viel Arbeit und zu wenig Mitarbeiter. Das ist perfekt, wie das sich eigentlich ergänzt." Eckart Lässer hatte schon Arbeitskräfte aus Ostdeutschland beschäftigt, da stand die Berliner Mauer noch. Denn am 28. Februar 1989, also mehr als neun Monate vor dem sogenannten „Mauerfall", entschloss sich Ungarn, die Grenzanlagen zu Österreich zu entfernen. Über Ungarn, in das DDR-Bürger ohne Probleme reisen konnten, gelangten sie dann in den Westen.
Für Eckart Lässer war das eine perfekte Situation, denn die Flüchtlinge waren auf der Suche nach Arbeit und er selbst suchte Arbeitskräfte. Es fügte sich gut, es ergänzte sich – wie zwei Teile, die zusammenpassen. Die Arbeitssuchenden waren zunächst in einer Veranstaltungshalle in der nordbayerischen Stadt Hof untergebracht. Hotelier Eckart Lässer, der mit einem Kollegen damals zu der Halle fuhr, erinnert sich: „Da war das Problem nur so, dass alle Fachkräfte waren, weil die alle aus dieser Halle rauswollten, und jeder wollte Koch und Bedienung sein.
Aber wir haben da schon Mitarbeiter geholt." Da jeder in der Halle auf Arbeit hoffte, gab auch jeder an, über Erfahrungen als Koch oder Servicekraft, als Bedienung, zu verfügen, obwohl das nicht immer der Fall war. Jeder war, wie es Hotelier Eckart Lässer formuliert, eine Fachkraft. Dennoch fand er geeignete Leute. Mit einer derartigen Busaktion kam auch die frisch ausgebildete Restaurant-Fachfrau Nadine aus Querfurt in Sachsen-Anhalt in das Allgäu. Sie erzählt: „Für mich war eigentlich der Punkt, dass ich halt zu Hause bei mir keine Arbeit gefunden hab', und da bot sich halt dann die Gelegenheit, in 'ne andere Region zu gehen, und dann bin ich halt nach Balderschwang gekommen. Aber ich hab' 'n guten Chef gefunden, 'n tolles Haus, tolles Hotel, und, ja, dann bin ich halt hängengeblieben." Wie für die anderen war auch für Nadine der Grund, der Punkt, ihre gewohnte Umgebung zu verlassen und ins mehr als 550 Kilometer entfernte Balderschwang zu kommen, dass sie keine Anstellung in ihrem Beruf fand.
Balderschwang liegt an der Grenze zu Österreich. Das Dorf hat 240 Einwohner, aber 1200 Gästebetten. Man ist daher dringend auf Fachkräfte von außen angewiesen. Nadine nahm eine Arbeit auf dem Almhof von Eckard Lässer an. Eigentlich wollte sie nur eine Saison bleiben, schließlich wurden es dann drei Jahre. 2003 heiratete sie einen Einheimischen, mit dem sie nun zusammen einen Bauernhof mit Ferienwohnungen in Balderschwang führt.
Nadine ist längst nicht die Einzige, die im Allgäu geblieben ist, die, wie sie umgangssprachlich sagt, dort hängengeblieben ist. Es gab auch viele andere. Martina Berktold-Thaumiller hat überwiegend gute Erfahrungen mit ostdeutschen Saisonarbeitskräften gemacht: „Es gab immer Leute, die verstanden haben, dass man hier auch arbeiten muss, um schön leben zu können, und die auch gewillt waren zu arbeiten.
Und wie es überall so ist und auch bei uns herüben so ist, gibt es auch Leute, die das einfach nicht verstehen, aber die waren dann auch schnell aussortiert und wollten dann auch wieder nach Hause." Im Rückblick stellt Martina Berktold-Thaumiller fest, dass es immer Leute gab, die sich anstrengten, weil sie arbeiten wollten. Sie waren gewillt zu arbeiten.
Aber es gab auch bei ihnen, bei uns herüben, wie sie es bairisch formuliert, Menschen, die sich keine Mühe gaben. Sie wurden gekündigt, aussortiert. Die Zeiten haben sich seit dem Mauerfall geändert. Zwar benötigen die Gastronomen in der Region in der Saison nach wie vor Unterstützung in ihren Betrieben. Allerdings kommen die Saisonarbeiter jetzt nicht mehr aus Sachsen, sondern eher aus osteuropäischen Staaten wie Ungarn, Serbien und Polen.
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