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2017-02-09
SPRECHER: Jeden Abend um 19 Uhr schließt Monika Till die Tore der Gärtnerei.
Dann haben sie und ihr Mann das Gewächshaus ganz für sich allein.
Unter solchen Glasdächern gedeihen normalerweise Tulpen, Obst oder Tropenpflanzen.
Aber Monika und Thomas Till haben sich hier ihr Zuhause eingerichtet – ein Steinhaus im Glashaus quasi.
THOMAS TILL (Gärtnereibesitzer): Dass man noch mal eine schützende Hülle über sich spürt.
Und das, ja, das ist durchaus auch angenehm.
Besonders wenn dann der Regen da oben drauf trommelt, kann man trotzdem raus ins Grüne.
SPRECHER: Frühes Aufstehen ist bei den Tills Alltag.
Schon um sechs Uhr frühstücken sie in einer Umgebung wie im botanischen Garten.
Dass Familie Till im Gewächshaus wohnt, wissen auch viele Kunden.
THOMAS TILL: Wir machen eigentlich um neun erst auf, deswegen ist ein bisschen … noch kein Personal da, ja?
SPRECHER: Aber die Kundschaft vor der Tür stehen zu lassen, wäre für Thomas Till undenkbar.
Deswegen bedient er die Frau sofort.
THOMAS TILL: Die Kunden wissen ja auch … Man ist ja ständig präsent.
Das einzig Positive wahrscheinlich: Man spart sich den Arbeitsweg, ja, also kostengünstig.
SPRECHER: Zwischen den Pflanzen wohnen die Tills auf 120 Quadratmetern.
THOMAS TILL: Hier sind wir im grünen Bereich unseres Wohnzimmers angelangt.
Was hier wächst?
Ja: Verschiedenes.
Man sieht's: der Wein – etwas weiter als in der freien Natur, weil im Glashaus natürlich geschützterer Standort .
Schwarzholz Bambus, 'ne Sache, die bei uns nicht winterhart ist.
Hat auch im Winter ganz schön jetzt gelitten, wird sich aber erholen.
Dann haben wir hier die Glanzmispel, eine immergrüne Pflanze, die viele aus Italien, aus mediterranen Ländern kennen.
Ebenso die Hanfpalme, wächst also auch, ja, in der freien Natur in Italien bereits.
SPRECHER: Täglich neben dem Arbeitsplatz aufzuwachen – daran hat sich Monika Till längst gewöhnt.
MONIKA TILL: Irgendwo ist das schon 'ne Schutzhülle, also so offen … Ich meine, es ist 'n offenes Haus, und wir führen 'n offenes Haus und trotzdem dadurch, dass es … Es ist schon gegliedert, also es ist nicht so, dass jetzt hier permanent auch die Angestellten hier hinten sind in dem Privatteil.
Da gibt's schon . . . THOMAS TILL: Es passiert, es steht auch mal ein Kunde im Wohnzimmer.
MONIKA TILL: Da sind sie schon diskret und . . . Ja, aber es hält sich im Rahmen.
SPRECHER: Im Sommer steigen die Temperaturen unter dem Glas auf mehr als 40 Grad Celsius.
Dann spenden Jalousien Schatten.
THOMAS TILL: Wir lassen's normalerweise im Sommer dann bei Sonne 'n ganzen Tag geschlossen, ja, oder teilweise geschlossen, das muss man dann 'n bisschen einschätzen.
Also jetzt grad wie … also … mal so 'ne leichte Bewölkung, da können wir's 'n Spalt auflassen, dann hält man's hier oben auch noch aus.
Das geht schon.
SPRECHER: Stichwort Klima: Wie arbeitet es sich in einem Betrieb, in dem der Chef nur wenige Meter vom Tresen seine Dusche hat?
KARINA ENGLER (Angestellte): Ist nicht immer einfach.
Es ist einerseits 'n sehr privates und sehr, sehr familiäres Verhältnis, was wir auch miteinander im Kollektiv und den Chefs haben.
Aber wenn bei Chefs mal der Haussegen schief hängt, das kriegt man halt auch mit.
Insofern ist das halt wirklich alles sehr, sehr live, sehr authentisch, sehr echt.
SPRECHER: 1993 nahmen die Tills allen Mut zusammen, um sich ihren Wohn- und Arbeitstraum zu erfüllen.
Beide wussten, was sie wollten.
Streit ums Konzept gab es nicht.
Die gewaltige Investition von mehreren hunderttausend Euro hat sich gelohnt, auch wenn der Bau harte Arbeit bedeutete und viel Bereitschaft zum Risiko.
Im klassischen Gärtnereigeschäft ist die Konkurrenz wegen der vielen Baumärkte und Discounter hart.
Monika Till arbeitet als Vertriebsangestellte von zu Hause.
Einkaufen gehen muss sie nur selten – es wächst ja alles vor oder hinter der Haustür.
MONIKA TILL: Man kommt nicht ganz umhin, da ab und zu doch was zuzukaufen, aber wir versuchen schon, die Ressourcen, die hier natürlich da sind, zu nutzen.
Das ist uns schon bewusst, dass das deutlich besser ist als Supermarktqualität, die wir hier finden.
SPRECHER: Und die Nachbarn?
Bereits in der Bauphase rümpften einige die Nase.
Die Jungunternehmer waren ihnen suspekt und sind es bis heute.
Aber den Tills macht das wenig aus.
MONIKA TILL: Thomas?
THOMAS TILL: Ja?
MONIKA TILL: Kommst du bitte essen?
THOMAS TILL: Ja.
SPRECHER: Sie schöpfen ihre Kraft aus der Natur, die sie umgibt – jeden Tag aufs Neue.
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