德语助手
2023-12-13
Paris Hilton, Kristen Stewart, Justin Timberlake, Britney Spears, Albert Einstein und Will Smith.
Die sind nicht nur alle megaberühmt, sondern haben auch noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie haben alle ADHS.
Aber ...was genau bedeutet es eigentlich, ADHS zu haben?
Wie äußert sich das?
Und was ist dran an so Mythen wie: "ADHS kommt durch schlechte Erziehung."
Oder: "Man muss heute nur ein bisschen unruhiger sein und - zack - bekommt man die Diagnose."
Superviele von euch haben sich ein Video über ADHS von mir gewünscht.
Und ich finde auch, dass es wirklich allerhöchste Eisenbahn ist, dass wir da mal ganz sachlich drüber sprechen.
Schließlich ist ADHS die am häufigsten diagnostizierte psychiatrische Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen.
Die Abkürzung "ADHS" steht für Aufmerksamkeits-Defizit-/ Hyperaktivitäts-Störung.
Wie der Name schon sagt, strugglen Betroffene damit, über längere Zeit aufmerksam zu sein, und oder mit Hyperaktivität.
Aber auch Impulsivität ist ein typisches Symptom von ADHS.
Was die Symptome genau bedeuten - das schauen wir uns jetzt mal an.
Symptome beim AD(H)S - Erst mal, ganz wichtig, die Symptome bei ADHS können bei Betroffenen unterschiedlich stark auftreten und auch ziemlich individuell sein.
Bei manchen Betroffenen überwiegen die Symptome der Unaufmerksamkeit, bei anderen Symptome der Hyperaktivität.
Und noch mal bei anderen Symptome der Impulsivität.
Deswegen steht das "H" bei ADHS auch häufig mal in Klammern, nicht alle Betroffenen zeigen nämlich diese Symptome von Hyperaktivität.
Unter dem Wort "Aufmerksamkeitsdefizit" kann man sich erst mal nicht so wirklich viel vorstellen.
Tatsächlich bedeutet es aber nur, dass Betroffene es nicht schaffen, über eine längere Zeit aufmerksam zu bleiben.
Gerade, wenn sie etwas nicht interessiert.
Das heißt, sie können sich zum Beispiel nur schlecht auf eine Sache konzentrieren und schweifen mit den Gedanken ab.
Außerdem fangen sie häufig Aufgaben oder Projekte an aber hören dann mittendrin auf.
So geht's auch Angelina vom Kanal "Mädelsabende", sie hat ADHS und mit Lisa von "reporter" drüber gesprochen.
"Ich neige halt dazu, mich in Details zu verlieren."
"Mit irgendwas anzufangen und mittendrin aufzuhören."
"Also, kann ich dir auch nachher zeigen, unser Kleiderschrank."
"Wenn man irgendwie ein Bild dafür haben müsste, was ADHS bedeutet ...
für mich bedeutet, dann ist es das."
"Sechs Türen, vier sind drangemacht, und diese Türen stehen einfach seit drei Wochen so da."
"Es ist einfach: Warum hab ich das nicht zu Ende gemacht?"
Ein Aufmerksamkeitsdefizit zu haben, bedeutet hier also nicht, dass die Betroffenen von anderen Aufmerksamkeit bekommen wollen und alles dafür tun, um aufzufallen.
Irgendwie wird das öfter mal falsch verstanden.
Zu ADHS sagt man umgangssprachlich auch manchmal Zappel-Philipp-Syndrom.
Diese Bezeichnung kommt aus der Geschichte "Der Zappelphilipp".
Vielleicht kennt ihr die noch aus dem "Struwwelpeter"-Buch.
Darin geht es um den Jungen Philipp, der es nicht schafft, am Tisch stillzusitzen. Er kippelt so lange mit dem Stuhl, bis er umkippt und alles auf dem Tisch mit sich reißt.
So ein unruhiges, "zappeliges" Verhalten ist auch eines der typischen Symptome von ADHS, nämlich Hyperaktivität.
Betroffenen fällt es, genauso wie dem Zappelphilipp, häufig schwer, in der Schule, im Restaurant oder auch in Meetings stillzusitzen.
Sie sind immer so auf dem Sprung, fühlen sich ruhelos und haben meistens auch Probleme damit, sich leise zu verhalten.
Ich hab grad schon kurz angedeutet, dass neben dem Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität auch Impulsivität ein Symptom von AHDS sein kann.
Aber wie genau äußert sich das?
Betroffene handeln häufig impulsiv, also aus dem Moment heraus, ohne groß drüber nachzudenken, was das für Konsequenzen haben kann.
Es kann zum Beispiel vorkommen, dass sie über die Straße gehen, ohne zu schauen, ob ein Auto kommt, oder einen Job annehmen, ohne einen Plan zu haben, was sie da tun müssen.
Außerdem haben Betroffene oft Probleme, auf etwas zu warten, zum Beispiel, bis sie in der Schlange an der Supermarktkasse an der Reihe sind oder eine andere Person fertig ist mit reden.
Auch, wenn das nicht so eindeutig in den Diagnosekriterien drinsteht, sprechen Betroffene oft von Problemen bei der Emotionsregulierung, sie sind leichter genervt, frustriert oder verärgert.
Die vollständigen Diagnosekriterien findet ihr in der Videobeschreibung.
Aber erschreckt euch nicht, die sind superlang.
Einfach, weil ADHS halt echt viele Symptome haben kann.
Diagnose - Viele Betroffene bekommen erst, wenn sie erwachsen sind, ihre Diagnose.
So war es etwa auch bei Angelina.
Trotzdem beginnt ADHS immer in der Kindheit und man bekommt auch nur die Diagnose, wenn man schon vor dem zwölften Lebensjahr Symptome gezeigt hat.
Daher kommt wohl der Mythos, dass nur Kinder ADHS haben.
Sie Diagnosestellung bei ADHS ist gar nicht so easy, weil Aufmerksamkeitsprobleme und Hyperaktivität auch viele andere Gründe haben können.
Zum Beispiel, dass den Kindern in der Schule todlangweilig ist oder sie unter- beziehungsweise überfordert sind.
Dazu kommt noch, dass ADHS selten alleine kommt und die meisten Betroffenen auch noch an weiteren psychischen Erkrankungen, etwa einer Angststörung, Depression oder Lernstörung leiden.
Bei Lernstörung ist es zum Beispiel schwer zu unterscheiden, ob ein Kind sich nicht konzentrieren kann wegen ADHS oder weil es an einer Rechenstörung leidet und Bahnhof versteht.
Zum Thema Dyskalkulie hab ich mal ein Video gemacht, den Link pack ich in die Beschreibung.
Um sicherzustellen, dass die Symptome nicht daher kommen, weil das Kind Probleme hat mit einem Elternteil oder einer Lehrperson, schaut man sich bei der Diagnosestellung neben den Testergebnissen Berichte von vielen Bezugspersonen an.
Wie häufig ist AD(H)S - Wenn man nach Zahlen sucht, wieviele Leute von ADHS betroffen sind, dann fällt auf, dass die Zahlen superunterschiedlich ausfallen.
Zwischen zwei und 18 Prozent ist alles dabei.
Das liegt daran, dass in Studien unterschiedliche Maßstäbe für ADHS verwendet wurden.
Manchmal wurden nur Leute berücksichtigt, die eine offizielle Diagnose haben, manchmal hat man im Rahmen der Studie alle Teilnehmenden einen Fragebogen ausfüllen lassen, der typische ADHS-Symptome abfragt.
Wieviele Leute jetzt wirklich betroffen sind, kann man nur schwer sagen.
Fakt ist aber, dass ADHS die am häufigsten diagnostizierte psychiatrische Störung bei Kindern und Jugendlichen ist.
Jungen sind dabei häufiger betroffen als Mädchen.
Allerdings muss man hier auch sagen, dass Jungen bei ADHS eher hyperaktives Verhalten zeigen.
Und wenn jemand die ganze Zeit hibbelig ist und anderen in der Schule reinredet, ist das natürlich auffälliger, als wenn jemand Probleme hat, sich zu konzentrieren.
Dementsprechend werden Jungen häufiger diagnostiziert als Mädchen.
Modediagnose - Ihr habt vielleicht schon mal davon gehört, dass ADHS eine sogenannte Modediagnose sein soll.
Mit Modediagnose meint man hier, dass ADHS plötzlich viel häufiger diagnostiziert wird, ohne dass es dafür einen Grund gibt.
Es also Trend beziehungsweise Mode ist, ADHS zu diagnostizieren.
In dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin, gab es tatsächlich eine Ärztin, die von allen immer nur ADHS-Ärztin genannt wurde, weil bei ihr gefühlt jedes Kind, das ein bisschen unruhiger war, die Diagnose ADHS bekam.
Wenn man sich die Zahlen der Krankenkassen in Deutschland und anderen Ländern anschaut, sieht man:
Ja, es gab tatsächlich in den letzten Jahren einen Anstieg der ADHS-Diagnosen.
Die Zahl der Betroffenen in der allgemeinen Bevölkerung hat sich aber nicht verändert.
Das zeigen Studien.
Es gibt also mehr Diagnosen, ohne dass es mehr Betroffene gibt.
Was auf den ersten Blick erst mal dafür spricht, dass ADHS tatsächlich eine Modediagnose ist.
Aber, das ist ein großes Aber, dieser Anstieg der Diagnosen kommt höchstwahrscheinlich nicht daher, dass die Diagnose ADHS heute leichtfertiger vergeben wird.
Sondern daher, dass die Leute heute viel mehr auf dem Schirm haben, dass es ADHS gibt und ADHS deswegen bei Betroffenen häufiger und besser erkannt wird als noch vor einigen Jahren.
Wenn man sich die Zahlen der Betroffenen in der Bevölkerung anschaut, fällt auf, dass die Zahl der Diagnosen im Vergleich dazu noch gering ist.
Das heißt, man kann erstens davon ausgehen, dass ADHS heute immer noch unterdiagnostiziert ist.
Und zweitens, dass die Zahl der Diagnosen auch in den nächsten Jahren immer weiter ansteigen wird.
Von einer Modediagnose würd ich hier also nicht sprechen.
Wie entsteht AD(H)S - Wie ADHS genau entsteht, weiß man bisher noch nicht.
Was man aber weiß, ist, dass die Gene eine entscheidende Rolle spielen.
Man sagt sogar, ADHS ist eine der "erblichsten" psychischen Erkrankungen überhaupt.
Das Risiko zu erkranken, wenn ADHS in der Familie ist, ist hier also besonders hoch.
Das heißt aber nicht, dass immer, wenn die Eltern ADHS haben, das Kind safe auch betroffen ist.
Neben den Genen spielen auch andere Dinge wie zum Beispiel Komplikationen in der Schwangerschaft eine Rolle.
Dass ADHS kommt, weil man zu Hause zu wenig Aufmerksamkeit kriegt, schlecht erzogen wurde oder zu viel Fernsehen geschaut hat, das ist definitiv ein Mythos.
ADHS ist eine sogenannte neurologische Entwicklungsstörung, das bedeutet, dass die Entwicklung des Gehirns im Kindesalter anders abläuft als bei anderen.
In Studien hat man herausgefunden, dass die Entwicklung des Cortex, also der äußeren Hülle vom Gehirn, bei Kindern mit ADHS verzögert ist.
Vor allem hier vorne im sogenannten präfrontalen Cortex.
Der präfrontale Cortex ist unter anderem bei Aufgaben beteiligt, die mit Aufmerksamkeit zu tun haben.
Er lenkt unsere Aufmerksamkeit auf Dinge, die relevant für unsere Ziele sind, also etwa die Aufgabe zu erledigen, und unterdrückt Reize, die uns irgendwie ablenken.
Das könnte erklären, warum Betroffene Probleme haben, sich lange auf was zu konzentrieren.
Da der präfrontale Cortex auch daran beteiligt ist, Handlungen zu unterdrücken, kann es sein, dass er auch bei Hyperaktivität eine Rolle spielt.
Auch wenn der präfrontale Cortex fertig entwickelt ist, bleibt die äußere Hülle bei Betroffenen durchschnittlich dünner als bei Leuten ohne ADHS.
Und man hat herausgefunden, dass die Konzentration vom Botenstoff Dopamin bei Betroffenen im Gehirn geringer ist.
Die meisten ADHS-Symptome kann man durch diese Auffälligkeit im Gehirn erklären.
Aber was kann man gegen die Symptome machen?
Kann man die behandeln?
Behandlung - ADHS wird meistens mit Medikamenten behandelt.
Genauer gesagt, mit sogenannten Stimulanzien.
Auch Ritalin gehört dazu.
In größeren Dosen wirken Stimulanzien, wie der Name es sagt, stimulierend und pushen einen so krass.
ADHS-Medikamente sind aber nur ziemlich gering dosiert.
Da wirken Stimulanzien auf Betroffene beruhigend.
Sie erhöhen die Dopaminkonzentration im Gehirn, wodurch Symptome gelindert werden können.
Grade weil Medikamente bei der Behandlung von ADHS eine große Rolle spielen, sind viele skeptisch und haben Angst, sie könnten abhängig von Ritalin werden.
Man braucht sich keine Sorgen machen.
Studien haben keinen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Ritalin und Abhängigkeit gefunden.
Ja, auch Drogen wie zum Beispiel Kokain erhöhen die Konzentration von Dopamin im Gehirn.
Tatsächlich wirkt Ritalin aber noch mal anders.
Auch von dieser Minidosis, die man bei ADHS bekommt, kann man nicht high werden, was das Suchtpotenzial erheblich senkt.
Auch wenn Ritalin in der Regel nicht abhängig macht und auch die Nebenwirkungen eher mild sind, ist es trotzdem oft sinnvoll, zu den Medikamenten noch eine Psychotherapie zu machen.
In der Therapie erarbeitet man unter anderem Strategien für den bestmöglichen Umgang mit ADHS im Alltag und lernt auch, die Stärken, die ADHS mit sich bringt, für sich zu nutzen.
Stärken bei AD(H)S - Auch wenn ADHS oft Struggle bedeutet und Betroffene wegen den Symptomen Probleme in der Schule, im Job, in der Familie oder im Freundeskreis bekommen, bringt die Erkrankung Stärken mit sich.
Betroffene sind zum Beispiel häufig kreativ, super begeisterungsfähig, mega empathisch, spontan und zeigen auch supergroßen Einsatz, grade, wenn sie für was brennen.
Angelina sagt in der Doku sogar, dass sie es liebt, ADHS zu haben und daran auch nichts ändern wollen würde.
Wenn jetzt jemand zu mir kommen würde und würde sagen: "Morgen ist es weg, wenn du das und das machst oder das und das nimmst." Ich würd's nicht tun.
Weil ich liebe es auch gleichermaßen.
Also, ich bin ja total glücklich eigentlich damit.
Es ist nur, dass es oft bei anderen aneckt.
Aber ich mit mir selbst bin eigentlich oft zufrieden.
Und ich mag halt das Kreative. Ich mag das Empathische.
Jeder Tag ist anders so. Und das liebe ich.
Wie ist das bei euch? Kennt ihr jemand, der ADHS hat?
Oder seid ihr selbst betroffen?
Teilt eure Erfahrungen gerne mit uns allen in den Kommentaren.
"psychologeek" ist im März ein Jahr alt geworden.
Darauf werden wir alle virtuell anstoßen.
Viele von euch haben in den letzten Tagen nicht nur Bilder fürs gemeinsame Anstoßen geschickt, auch die liebsten Geburtstagsnachrichten überhaupt.
Leute, im Ernst, ich hatte teilweise Tränen in den Augen, als ich eure Nachrichten gelesen hab. So, so schön.
Danke, danke, danke.
Nicht nur von mir, auch vom ganzen "psychologeek"-Team.
Ihr seid wirklich die beste Community überhaupt.
Cheers! Auf uns.
Fühlt euch alle virtuell von mir gedrückt, bis zum nächsten Video.
Hier kommt ihr zu der Doku über Angelina, von der ich euch grad Ausschnitte gezeigt hab.
Ich kann euch diese Doku und generell alle Dokus von "reporter" sehr empfehlen.
Warum Kinder nicht lügen können und sich beim Versteckenspielen die Augen zuhalten, das und weitere spannende Fakten rund um eure Kindheit erfahrt ihr im letzten Video.
沙发还没有被抢走,赶紧过来坐会吧