德语助手
2023-10-29
Hallo und herzlich willkommen zu einem weiteren Video von mir und meiner Rezension zu Walden von Henry David Thoreau.
Das Buch erschien erstmals 1854 im US-amerikanischen Original und liegt mir hier aus dem Manesse Verlag mit der deutschen Übersetzung von Fritz Güttinger vor.
Bevor ich aber zu meiner eigentlichen Rezension komme, möchte ich noch ein paar Worte zu dieser Ausgabe verlieren.
Zum einen finde ich das Cover enorm passend.
Aber auch bei den verwendeten Materialien wurden sich ein paar Gedanken gemacht, damit das Buch auch von seiner Herstellung und Ausstattung her dem Inhalt folgt.
Der Schutzumschlag ist zum Beispiel aus Naturpapier, während Buchdeckel und Vorsatzpapier aus sogenanntem Strohpapier gefertigt sind.
Man sieht so kleinere Fasern von Stroh, die dort mit eingearbeitet sind.
Und darüber hinaus wurde gänzlich auf nicht biologisch abbaubare Druckveredelungen verzichtet.
Und das fand ich einfach bemerkenswert, weil sich offensichtlich viele Gedanken gemacht wurden bei der Fertigung.
Der Autor hat insgesamt zwei Jahre, zwei Monate und zwei Tage in einer selbstgebauten Hütte am Waldrand gelebt und einen sehr einfachen und naturnahen Alltag gepflegt, den er hier dokumentiert.
Das Ganze ist aber immer auch verwoben mit einem Plädoyer oder einer Gesellschaftskritik in Bezug auf das, was er so beobachtet.
Da geht es eigentlich immer um Mäßigung, Bedachtsamkeit und ein naturzugewandtes Leben, dass er proklamiert und er kritisiert die aktuelle Entwicklung in Bezug auf den Konsum, die Industrialisierung und das Reiseverhalten seiner Mitmenschen.
Und das war eigentlich auch der spannende Part, weil sich vieles von dem, was er hier so kritisiert oder wofür er sich einsetzt oder so enthusiastisch wirbt, sehr, sehr aktuell klingt.
Und wir müssen uns vor Augen führen, dass dieses Buch eben Mitte des 19. Jahrhunderts erschien.
Das heißt, die Art von Konsum, die Henry Turow erlebt hat, ist ja mitnichten zu vergleichen mit dem, was wir heutzutage in unserer modernen Gesellschaft sehen.
Und selbst damals schon war es ihm ein Dorn im Auge,
wie viel Wert Menschen Besitztümern beimessen,
wie sehr sie Dinge anhäufen, die sie eigentlich gar nicht benötigen,
wie viel Wert sie auf Äußerlichkeiten legen,
zum Beispiel gute Kleidung und wie besessen die Menschen vom Reisen sind.
Und auch das fand ich sehr amüsant, weil wir hier von einer Zeit sprechen, in der man noch nicht mit dem Flugzeug um die Welt reisen konnte.
Also auch hier, wenn Henry Turow sehen würde, wie sich das Ganze noch weiterentwickelt hat.
Er würde sich vermutlich im Grabe umdrehen.
Ein weiteres für ihn sehr wichtiges Thema ist die fortschreitende Industrialisierung und ihre Auswirkungen.
Also auch hier denkt er, dass der technologische Fortschritt den Menschen kein Glück bringen wird.
Er möchte eben eher, dass die Menschen zurückkehren zu einem einfachen Leben, zurückkehren zur Natur.
Und so wurde mir zumindest klar, warum dieses Buch ein Klassiker ist.
Denn obwohl sich unsere Zeit ja massiv von der unterscheidet, in der der Autor gelebt hat, ist diese Sehnsucht nach einem einfacheren und naturnahen Leben,
glaube ich, eine, die sich durch alle folgenden Generationen zieht und immer wieder findet.
Und so verliert zumindest die Essenz dieses Buches nicht so schnell Aktualität,
wobei es dann doch vieles hier drin gibt, das heute nicht mehr so richtig funktioniert.
Und da gibt es vor allem einen großen Aspekt, der mir bei diesem Buch Probleme bereitet hat.
Und zwar ist es die große Überheblichkeit, mit der Henry Turow sein Plädoyer vorbringt oder seine Ansichten begründet.
Er ist einfach ziemlich anmaßend und beschreibt die Dinge ganz klar aus seiner individuellen Perspektive,
ohne andere Menschen dabei groß zu berücksichtigen.
Er hat also sehr klare Vorstellungen davon, wie man richtig lebt, wie man richtig liest, wie man richtig isst, wie man richtig arbeitet.
Und man könnte diese Liste unendlich fortführen.
Es geht also schon eher in die Richtung einer Ideologie.
Also er hat sehr viele Beschränkungen in dem, was er als das richtige Leben bezeichnet.
Er verzichtet zum Beispiel auch komplett auf Genussmittel wie Alkohol, Kaffee oder Musik.
Er schwört außerdem der körperlichen Liebe ab,
hat sowieso kaum Kontakt zu anderen Menschen und verzichtet komplett auf Fleisch.
Also er ernährt sich vegan,
verzichtet darüber hinaus aber auch noch auf bestimmte Pflanzenarten, was seinen Speiseplan noch weiter einschränkt.
Und es wird nicht so ganz klar, warum er das tut.
Außerdem spricht er die ganze Zeit davon,
dass man die Dinge, die man braucht, selber herstellen sollte.
Er kauft aber immer doch ständig so zumindest grundlegende Dinge ein.
Also eigentlich würde ich sagen, er widerspricht sich in diesem Werk mehrfach selbst in der Art, wie er das richtige Leben beschreibt.
Und er tut es auch aus einer sehr privilegierten Situation heraus,
denn er hat sich freiwillig entschieden,
diese über zwei Jahre in dieser Hütte zu verbringen und er geht danach zurück in sein normales Leben.
Es ist für ihn also mehr oder weniger ein Experiment, seiner eigenen Ideologie nachzuleben.
Aber nach zwei Jahren entscheidet er sich auch wieder zurückzugehen.
Es wirkte dadurch für mich nicht ganz konsequent und auch so,
als wäre ihm gar nicht bewusst, dass er dieses Experiment freiwillig macht,
während andere sich eben gar kein anderes Leben leisten können und von sich aus genügsam leben müssen,
weil gar keine andere Möglichkeit besteht.
Er blendet unterschiedliche Menschen und Kulturen in seinen Überlegungen aus meiner Sicht sowieso komplett aus.
Also er nimmt eigentlich immer sich selbst als Referenz, wenn er dieses ideale Leben beschreibt.
Er wiederholt aber auch einiges von dem, was er bereits gesagt hat, sodass sich insgesamt vermute.
Man könnte die Essenz dieses Buches auf etwa 100 Seiten zusammenfahren.
Und wahrscheinlich hätte es mir auch gereicht, dazu den Wikipedia-Artikel zu lesen.
Denn beim zunehmenden Lesen dieses Buches ergab diese ganze Weltsicht von Thoreau immer weniger Sinn.
Er hat eine ganz komische Widersprüchlichkeit in dem, was er so fordert.
Also er wünscht sich, dass die Menschen weniger nach Besitz streben,
überhaupt weniger in ihre eigene Bildung oder irgendeinen wirtschaftlichen Erfolg stecken,
sondern eben mehr an dem einfachen Leben hängen.
Er sagt aber gleichzeitig.
Jeder sollte die großen Griechen gelesen haben und zwar nicht im englischen,
sondern im griechischen Original, weil nur so könne man diese Lektüre wirklich verstehen.
Ein anderer Punkt ist, dass er sich für den Veganismus einsetzt,
eben keinerlei Fleisch zu essen und mit den Tieren im Einklang zu leben.
Er fordert aber, dass jeder junge Mann das Jagen lernt und damit Tiere tötet,
nicht um das Fleisch zu essen,
sondern einfach um mit der Waffe umgehen zu können,
weil das charakterbildend ist.
Und das sind so viele Dinge, die einfach keinerlei Sinn ergeben in diesem Buch.
Und er bewirbt diese Ansichten aber mit einem ideologischen Eifer, den ich nur noch unverständlich und auch unsympathisch fand.
Und diese Überheblichkeit ist eben auch in jedem dieser Themen zu spüren.
Ich werde euch jetzt gleich mal ein Beispiel geben und zwar bespricht er dort,
wie er sich das ideale Lesen vorstellt.
Denn auch da hat er eine ganz klare Forschung davon, was ist Lesen und was ist Nichtlesen.
Und da wir uns hier auf Booktube befinden und mit dem Thema natürlich Berührungspunkte haben,
dachte ich, dass das vielleicht etwas ist,
wo ihr euch ein ganz gutes Bild davon machen könnt, wie Henry Thoreau seine Ansichten vertritt.
Passenderweise heißt das Kapitel auch Lesestoff.
Und da beginnt es so.
Richtig zu lesen, das heißt, wahre Bücher in wahrer Gesinnung zu lesen.
Das ist eine vornehme Beschäftigung und eine,
die vom Leser mehr verlangt als irgendeine Übung,
die heutzutage populär ist.
Jedenfalls erfordert sie ein Training wie das eines Berufssportlers.
Das ganze Leben muss auf dieses Ziel gerichtet sein.
Dann spricht er von anderen Menschen,
die in seinen Augen eben nicht richtig lesen.
Vom Lesen als einer hohen geistigen Tätigkeit wissen sie wenig oder nichts.
Dabei kann nur eine solche wirklich Lesen genannt werden.
Nicht, dass Lesen zum Zeitvertreib,
das uns einlullt und die höheren Fähigkeiten brachliegen lässt.
Nur das, wonach wir uns recken und strecken müssen, kann wirklich Lektüre heißen.
Dann spricht er so ein bisschen von Büchern, die in seinen Augen keinen Wert besitzen.
Und er kommt noch mal zurück zu den Menschen, die diese Art von Büchern lesen.
Derlei lesen die Leute mit weit aufgerissenen Augen und aufgerichteter primitiver Neugier,
mit einem robusten Magen, der alles verdaut,
genau wie ein vierjähriger Knirp seine gülden eingeschlagene Billigausgabe von Aschenbrödel verschlingt,
ohne dabei in Aussprache oder der Fähigkeit, moral heraus oder hineinzulesen, weitergekommen zu sein.
Und dann wird es aus meiner Sicht so richtig schön.
Das Ergebnis ist Trübsichtigkeit, stockender Blutkreislauf und eine allgemeine Verkümmerung der geistigen Fähigkeiten.
Diese Art Lebkuchen wird täglich mit größter Betriebsamkeit hergestellt und verkauft sich viel leichter als weißes oder dunkles Brot.
Das ist also ein Beispiel dafür,
wie Henry David Thoreau in seinem Buch seine Ansichten vertritt.
Man spürt da aus meiner Sicht eine gewisse Herablassung heraus, eine Überheblichkeit anderen gegenüber.
Und das deutet für mich auf eine sehr schwierige Persönlichkeit hin.
Ich habe mir auch immer wieder die Frage gestellt,
was für ein Mensch war Henry David Thoreau und ich glaube,
nach dieser Lektüre bin ich in keinster Weise daran interessiert, mehr von ihm zu lesen.
Aber ich würde gerne etwas über ihn lesen,
also vielleicht von einem Zeitgenossen, der ihn gekannt und beschrieben hat.
Falls ihr dazu irgendwelche Literaturtipps habt,
packt die mir sehr gerne in die Kommentare,
denn ich habe nach der Lektüre das Gefühl,
dass Thoreau ein schwieriger Charakter war,
der bereits eine sehr beschränkte Weltsicht hatte, bevor er in den Wald ging und sie dort nicht etwa gefunden hat.
Also es war nicht so,
dass er in den Wald ging und dort gesehen hat, mit wie wenig man leben kann,
sondern ich glaube,
er hatte sich schon zuvor sehr sehr viele Schranken im Gehirn gesetzt und ist mit diesen Beschränkungen raus in den Wald gegangen und hat sie umgesetzt und dabei nichts gelernt.
Er ist auch in diesem Buch ein Einsiedler und verhält sich so.
Er hat wenig Kontakt zu anderen Menschen und wenn er diesen Kontakt hat,
ist er nicht etwa an ihnen interessiert oder möchte ihre Lebensrealitäten kennenlernen und verstehen, sondern er studiert sie.
Er sieht sie als Studienobjekte und vor allem urteilt er über sie und beschreibt,
was sie in seinen Augen alles nicht richtig machen oder wo sie nicht erkennen,
dass sie auf dem falschen Weg sind.
Also auch hier zieht sich dann eine Überheblichkeit durch dieses Buch.
Vermutlich hatte ich die falschen Erwartungen an dieses Buch.
Also so von dieser gesamten Weltsicht von Henry David Thoreau halte ich wenig und von ihm als Person nach der Lektüre ebenso wenig.
Und nun stellt sich natürlich die Frage,
hat dieses Buch darüber hinaus noch etwas zu bieten, zum Beispiel tolle naturalistische Beschreibungen?
Und da kann ich sagen, ja, es wird viel Natur beschrieben.
Es gibt einzelne Kapitel zu einzelnen Regionen, die Henry Thoreau beschreibt, zum Beispiel ein Kapitel,
das sich komplett um den See dreht, an dem er lebt oder ein Kapitel,
das sich mit dem Wald beschäftigt oder eben mit dem Ackerbau, den er betreibt.
Allerdings sind das sehr naive und einfache Beschreibungen der Pflanzen und Tiere, denen er begegnet oder mit denen er zu tun hat.
Er widmet sich dem Ganzen also nicht auf einer botanischen Ebene,
versucht nicht mehr auf wissenschaftlicher Ebene über die Flora und Fauna seiner Region zu erfahren und mit ihr umzugehen,
sondern er behält sich einen sehr naiven und einfachen Blick auf das, was er so tagtäglich tut,
was ich auch wieder so ein bisschen als Widerspruch empfinde,
weil er eben von dieser großen Literatur spricht und von Bildung erlangen und so weiter.
Allerdings hält er das offenbar für diese ganzen naturalistischen Themen,
mit denen er in seiner Auszeit konfrontiert ist,
nicht unbedingt für notwendig und vieles von dem, was er hier beschreibt, stellt sich als falsch heraus und Menschen,
die sich eben mit Botanik beschäftigen und dieses Buch gelesen haben,
müssen da wirklich mit dem Kopf schütteln, was ich auch wieder einen sehr interessanten Aspekt an diesem Buch finde.
Und wie gesagt, Henry Thoreau ist mir am Ende der Lektüre wirklich ein Rätsel.
Ich möchte gerne wissen,
was das für ein seltsamer Mann war und kann euch demnach auch die Lektüre von Walden nur bedingt ans Herz legen.
Ich glaube, ihr habt mehr davon,
wenn ihr euch einfach eine Zusammenfassung davon durchlest oder eine Analyse oder einen Kommentar zu diesem Buch lest.
Mir persönlich hat die Lektüre wenig gebracht, muss ich sagen.
Ich bin aber froh,
dass ich es jetzt nach über zwei Jahren von meinem Stapel der ungelesenen Bücher befreien konnte,
auch wenn ich mit Henry Thoreau als Person sowie mit seinen Ansichten eher nicht warm geworden bin.
Mich würde natürlich interessieren, wie ihr diesen Klassiker erlebt habt.
Also, falls ihr ihn gelesen habt und ihr seid meiner Meinung oder einer komplett anderen Meinung, packt die doch sehr gerne in die Kommentare.
Dann sehen auch andere Zuschauer so ein bisschen andere Meinungen zu diesem Buch und können sich noch mal überlegen, ob sie es lesen wollen oder nicht.
Für mich war es eher eine Enttäuschung.
Ich hatte aber vielleicht auch die falschen Erwartungen an den Horizont von Henry Thoreau, als er dieses Buch schrieb.
Vielleicht ist es auch immer eine falsche Annahme, dass ich denke, Menschen, die einen Klassikerstatus erreicht haben mit ihren Werken, wären vielleicht auch wirklich Menschen, von denen man etwas lernen kann.
Ich finde nach der Lektüre eher, dass Henry Thoreau ein sehr, sehr beschränktes Weltbild hatte und ein sehr beschränktes Bild von den Menschen.
Und das zeigt er auch in der Art, wie er dieses Buch geschrieben hat.
Es ist also nicht unbedingt Werbung für ihn als Person oder für seinen Intellekt.
Das ist jetzt meine harte Meinung zu diesem Buch und diesem Autor.
Vielleicht wollt ihr dem etwas entgegensetzen, dann tut das,
wie gesagt, sehr gerne in den Kommentaren.
Ich hoffe, jetzt euch hat diese Rezension in irgendeiner Weise weitergeholfen bei der Frage,
ob ihr das Ganze lesen möchtet oder nicht.
Und damit wünsche ich euch jetzt noch einen schönen Tag oder Abend, je nachdem,
wann ihr dieses Video schaut und hoffe, wir sehen uns beim nächsten Mal.
Bis dahin, tschüss!
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