德语助手
2022-01-10
Hallo!
Mein Name ist Beat Siebenhaar.
Ich bin Professor für germanistische Sprachwissenschaft und beschäftige mich beispielsweise mit WhatsApp-Kommunikation.
Wie kommt man dazu, so etwas überhaupt zu tun?
War das doch der Untergang der deutschen Sprache oder der deutschen Kultur ist.
Ich glaube, das sind Vorurteile und damit möchte ich mich jetzt etwas beschäftigen.
Jede Sprache ist variabel.
Wir können Dinge unterschiedlich sagen.
Wir können rufen: "Ein Pils!" und wenn wir das in einem noblen Restaurant machen, dann passt das etwas weniger.
Müssen wir sagen: "Kellner, ich hätte gerne ein Pils." Das heißt wir haben Möglichkeiten Dinge unterschiedlich zu sagen.
Genauso ist es mit der WhatsApp-Kommunikation.
Da sagen wir etwas vielleicht eher wie "Ein Pilz!" aber das passt da hin und wenn wir in einer anderen Situation sind, sprechen wir oder schreiben wir eben anders.
Wenn man in WhatsApp seine Nachrichten schreibt wie Thomas Mann seine Romane, passt es auch nicht.
Also hier eine situationsadäquate Nutzung der Sprache.
Das möchte ich hier etwas zeigen.
Vorerst abermal: Wie wird Kommunikation hier verstanden - mündliche und schriftliche Kommunikation?
Wir haben mündliche Kommunikation gesprochen gehört, geschriebene Kommunikation geschrieben.
Das Ganze ist die dichotomisch.
Das heißt, wir haben also eine Teilung.
Wir haben nichts dazwischen.
Entweder spricht man oder man schreibt.
Etwas dazwischen gibt es nicht.
Eine typische Situation für diese gesprochene Sprache ist ein Dialog.
Wir kennen jemanden, sprechen, plaudern.
Wir wissen nicht genau worum es geht.
Wir gehen da hin, plaudern, planen nicht genau.
Das ist typisch für eine gesprochene Situation.
Für eine geschriebene Kommunikationssituation ist ein Beispiel ein Gesetzestext.
Da wird lange vorbereitet.
Da sitzen mehrere Leute zusammen, die planen.
Am Schluss ist ein Text fertig, so dass er auch nach längerer Zeit noch gelesen werden kann, dass er eindeutig ist.
Dazwischen gibt es aber ganz verschiedene Formen.
Was ich hier jetzt mache ist, medial gesprochen, mündlich aber doch einigermaßen geplant.
Ich plaudere nicht einfach so daher und ich hoffe, dass es auch so rüberkommt.
Dann gibt es Texte, die eben noch stärker geplant sind, die vorgelesen werden, beispielsweise eben Nachrichtentexte.
Auf der anderen Seite haben wir auch in der schriftlichen Kommunikation Texte, die geschrieben sind, auch geplant aber vielleicht etwas weniger genau als ein Gesetzestext.
Sie finden jeden Tag in der Zeitung auch Fehler oder dann die Postkarte an Bekannte.
Da schreibt man nebenbei etwas hin.
Da stört es nicht, wenn es Fehler hat.
Deshalb, wenn man das jetzt so aufteilt, teilt man die Kommunikation auch in eine konzeptionelle Mündlichkeit und eine konzeptionelle Schriftlichkeit.
Das heißt, da geht es um die Planung.
Wie ist die Sprache geplant?
Wie sieht das aus?
Wir haben einerseits von der Kommunikationssituation her also eine Vertrautheit mit dem Partner .
Wir haben eine Situationsgebundenheit.
Hier und jetzt ist klar.
Das ganze ist dialogisch.
Wir sprechen miteinander.
Wir haben eine freie Themenentfaltung.
Das heißt für die Sprache selbst: Sie ist vorläufig wenig geplant, strukturell einfach, einfacher Wortschatz, wenig elaboriert.
Auf der anderen Seite dieser geschriebene Sprache da kennen wir das Gegenüber nicht oder weniger.
Es ist öffentlich.
Wir haben keine Situation, die gebunden ist.
Hier und jetzt können wir in einen Gesetzestext nicht verwenden.
Wir finden es auch nicht in Zeitungen Monologisch, jemand schreibt und der andere liest.
Sie ist themenzentriert.
Wir haben also ein ganz klares Thema für einen Text.
Für die Sprache heißt das, sie ist endgültig.
Sie ist genau geplant.
Sie wird überarbeitet.
Strukturell ist sie komplex.
Wir haben Haupt- und Nebensätze.
Wir haben einen differenzierten Wortschatz und es ist eben elaborierte Sprache.
Wenn wir das jetzt noch mal ansehen, dann können wir fragen, wo gehört jetzt die WhatsApp-Kommunikation hin und da sehen wir in dem Bereich gehört sie zur medial schriftlichen Form, die eben konzeptionell mündlich ist.
Sehen wir das an einem Beispiel an.
Ich habe Ihnen das ganz am Anfang gezeigt.
Das Beispiel stammt aus einer Sammlung von rund 1,3 Millionen WhatsApp-Nachrichten, die ich in zwei Projekten WhatsApp Deutschland und WhatsApp Switzerland mit Kollegen zusammen gesammelt haben.
Habe hier also ein kleines Beispiel daraus.
Was sehen wir hier?
Von der Struktur her finden wir keine Vorstellung und keine Verabschiedung.
So beginnt der Tag auf WhatsApp für diese zwei Personen und es geht erst um 18 Uhr nachher wieder weiter.
Also hier keine Begrüßung.
Die Personen sind sich also offensichtlich bekannt.
Wir haben eine zeitliche Verschränkung.
"Heute" das ist für beide Personen ganz klar, was gemeint ist.
Auch die situative Einbettung ist für beide Chatter klar.
Also hier die erste Person spricht überhaupt nicht vom Essen.
Die Zweite weiß aber ganz genau, was gemeint ist.
Dann wenn wir weitergehen, da reagiert die zweite Person mit Emojis.
Die drücken hier keine Gefühle aus.
Ganz häufig sagt man Emojis drücken Gefühle aus.
Sie drücken keine Gefühle aus, sondern wir haben wirklich eine Aussage.
Das ist eine neue Form der Kommunikation.
Das ist aber noch lange keine Sprache.
Wir haben Bilder, die aneinandergereiht werden.
Wir haben auch keine Grammatik.
Das was dann gesagt wird und mit sprachlichen Zeichen, mit Fragezeichen, abgeschlossen wird, das wird nachher noch ausgeführt sprachlich.
Und zum Schluss haben wir noch eine Aussage.
Diese Aussage wird mit einem Ausrufezeichen abgeschlossen.
Damit wird es zu einem Vorwurf.
Das wird unterstützt durch das großgeschriebene "Du", wo wir sagen können, das ist eine Hervorhebung im Text.
Man kann sagen, das bildet die gesprochene Sprache ab aber wir haben hier nicht gesprochene Sprache, sondern nur geschriebene Sprache, medial geschriebene Sprache.
Und statt dem Satzzeichen zum Schluss, können wir also ganz häufig heute jetzt auch Emojis einsetzen.
Dann haben wir in dem Bereich auch noch weitere Hinweise auf die Informalität.
Die Leute kennen sich.
Wir haben also hier eine Form, die nicht grammatisch ist und zwar weil dieser Satz hier "ick kene Kohle" kein Satz ist.
Da fehlt das Verb.
Also wir haben es mit einer Ellipse zu tun.
Wir haben vorher ein "haben" aber grammatisch ist der Satz eigentlich nicht vollständig.
Kommunikativ völlig in Ordnung.
Informalität haben wir auch durch die regionalsprachlichen Formen, die da zeigen: Wir sind in einem anderen Modus.
Das ist also nicht ganz ernst oder hier sehr ernst.
Ich bin ein bisschen wütend.
Jetzt komme ich eben in eine dialektnähere Form.
Zum Schluss nochmals ein Emoticon.
Das steht für sich allein.
Wir haben hier so langsam ein Verständnis dafür entwickelt, was das bedeutet.
Hier ein Konsens über einzelne Emoticons, das sich entwickelt hat.
Also ein Kommentar zur obigen Aussage.
Das ist nicht eine Aussage wie hier, wo etwas direkt ausgedrückt wird, sondern das ist ein Kommentar zum Obigen.
Zum Schluss hier also kann man sagen, chatten ist medial schriftlich, konzeptionell mündlich, es ist kein Ersatz für formelle Schreiben.
Die Bedingungen sind ganz anders.
Es wird anders geschrieben.
Chatten ist also kein Ersatz für eine Zeitung.
Emojis haben eine strukturierende kommentierende Funktion.
Beschränkt können sie auch pro Positionen ausdrücken.
Also eigene Aussagen machen und wenn sie Germanistik studieren, beschäftigen sie sich eben nicht nur mit Literatur, sondern auch mit der Sprache, die sie und andere im Alltag verwenden und damit gewinnen sie einen Einblick in unserer Alltagskultur.
Wenn Sie mehr wissen wollen zur Germanistik, hier der Hinweis auf die Webseite der Germanistik.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Wahl Ihres Studiums!
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