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2021-02-17
1992 auf den Philippinen. Eine riesige Demonstration füllt die Straßen von Quezon City, der größten Stadt des Landes. Die Menschen rasen vor Wut.
Autos werden angezündet und brennen aus. Und dann wird eine Handgranate geworfen. Sie prallt an einem Lieferwagen ab und landet vor einem kleinen Einkaufsladen.
Die Explosion tötet eine Lehrerin und ein fünf Jahre altes Mädchen. Im Zentrum dieser tödlichen Proteste steht "Pepsi". Heute geht es um eine wahnsinnig erfolgreiche Marketingkampagne, falsche Versprechen und die Zahl 349.
Die Philippinen waren 1992 weltweit der zwölftgrößte Absatzmarkt für Softdrinks. Coca-Cola hatte einen Marktanteil von 83 Prozent. Pepsi wollte den Markt attackieren, brauchte aber eine gute Strategie. Also dachten sich die Pepsi-Executives die Kampagne "Number Fever" aus.
Unter jedem Kronkorken der vier Softdrink-Marken von Pepsi wurde eine Zahl zwischen 000 und 999 abgedruckt. Die jeweiligen Gewinnerzahlen wurden jeden Tag im Fernsehen, im Radio und in der Zeitung bekannt gegeben. Man konnte entweder 100 Philippinische Pesos gewinnen oder sogar eine Million.
Das war in dem Land wahnsinnig viel Geld und entsprach zu der Zeit dem 611-fachen durchschnittlichen Monatsgehalt. Auf heutige deutsche Verhältnisse übertragen wären das circa 1,3 Millionen Euro. Im Februar 1992 wurden die ersten Number-Fever-Flaschen auf den Markt gebracht. Überall auf den Philippinen sah man Pepsi-Werbung.
Die Leute sammelten die Kronkorken wie verrückt. Bis Mai hatten 51.000 Menschen jeweils 100 Pesos gewonnen, und es gab sogar 17 Pepsi-Peso-Millionäre. Das Geschäft boomte.
Innerhalb von nur vier Monaten wuchs der Marktanteil des Unternehmens drastisch. Pepsi verkaufte monatlich auf einmal vier Millionen Flaschen mehr als zuvor. Die Abfüllanlagen liefen fast 24 Stunden pro Tag. Die Philippinen hatten "Number Fever".
Dann kommt der 25. Mai 1992. 70 Prozent der Filipinos sitzen an diesem Montag um 18 Uhr vor ihren Fernsehern. In den Channel-2-News wird man gleich die neuen Gewinnerzahlen verkünden. Viele haben ihre gesammelten Pepsi-Kronkorken in der Hand und fiebern gebannt mit.
Darunter sind Barkeeper, Rikschafahrer, kurz, normale Menschen. Wenn sie heute Abend Glück haben, wird sich ihr Leben für immer verändern.
Ein starker Artikel von "Bloomberg Businessweek" erzählt einige dieser Schicksale übrigens im Detail nach. Ein Link ist in der Beschreibung. Es geht los! Die Pepsi-Moderatorin verkündet die große Gewinnerzahl des Abends.
800.000 Filipinos schauen auf ihre Kronkorken und können es kaum fassen. Sie alle werden schlagartig Millionäre. Tausende schwärmen vor die Tore von Pepsis Fabriken und Abfüllanlagen. Sie alle fordern ihre Million Peso.
Das Geld werden sie nie zu Gesicht bekommen. Etwas ist so richtig, richtig schiefgelaufen. Eigentlich sollten nur zwei große Gewinnerflaschen mit der 349 hergestellt werden, intern und kontrolliert von Pepsi. Ansonsten stand die Zahl in der Produktion der restlichen Flaschen auf einer Blacklist.
Trotzdem wurden aus irgendeinem Grund über 800.000 Flaschen mit der Zahl 349 produziert und auf den Markt gebracht. Bis heute ist unklar, ob es schlicht Misskommunikation war oder doch ein Glitch in den Produktionssystemen. Würde der Konzern sein Versprechen halten, hätte das damals 32 Milliarden Dollar gekostet.
Das wären heute umgerechnet entspannte 47 Milliarden Euro. Deswegen tut Pepsi in den Zeitungen des folgenden Morgens zunächst so, als wäre die Zahl 349 gar nicht die Gewinnerzahl. Die wahre Zahl wäre die 134.
Das hat leider niemanden überzeug. Die Massen der hoffnungsvollen Menschen mit 349er-Kronkorken versammeln sich also vor dem Pepsi-Gelände. Die Firma verbarrikadiert sich mit Maschendrahtzäunen. Einen Plan haben sie nicht.
Eine ganze Nacht und einen Tag protestiert die Menge. Die Menschen spüren, wie sich der Traum des vielen Geldes in Luft auflöst. Auf die bittere Enttäuschung folg feuriger Zorn.
Es kommt zu Ausschreitungen, die Polizei setzt Tränengas ein. Um 3 Uhr morgens fällt die Entscheidung der philippinischen Pepsi-Führung. Jeder mit einem 349er-Kronkorken bekommt 500 Pesos. Über 400.000 Menschen nehmen dieses Angebot an.
Es kostet Pepsi umgerechnet rund 16 Millionen Euro. Tausende lehnen allerdings ab und wollen sich nicht mit der Abfindung zufriedengeben. Sie fühlen sich betrogen und bleiben auf den Straßen. Sie organisieren sich und schließen sich zu Gruppen zusammen mit Namen wie:
Die Lage eskaliert. Dutzende Pepsi-Trucks werden umgeschmissen, mit Steinen durchlöchert und angezündet. Die Fahrer versuchen, die Brände mit "7 Up" zu löschen.
Ein Unbekannter wirft eine Handgranate in eine Fabrikhalle von Pepsi. Drei Mitarbeiter werden getötet. Ein anderer Demonstrant wirft auf einer belebten Straße eine weitere Granate auf einen Truck des Unternehmens. Wie wissen, wie das endet.
Die Proteste dauerten insgesamt mehrere Monate an. Pepsi-Führungskräfte wurden rund um die Uhr beschützt. So gut wie alle amerikanischen Mitarbeiter wurden abgezogen. Insgesamt hat der Skandal den Konzern umgerechnet 30 Millionen Euro gekostet.
Der Marktanteil von Pepsi brach damals natürlich komplett ein, und es hat Jahre gedauert, bis er sich erholte. "346igt zu werden" ist bis heute ein Sprichwort auf den Philippinen. Es bedeutet so viel wie: "Besonders übel abgezogen werden".
Erst 2006 stellte das Verfassungs- gericht der Philippinen fest, dass Pepsi tatsächlich niemandem die eine Million Peso auszahlen muss. Die Geschichte des philippinischen "Number Fevers" ist unglaublich. Selten war eine Marketingkampagne so erfolgreich, um dann wortwörtlich so brachial in Flammen aufzugehen.
Menschen in Armut einen magischen Ausweg in Form eines Kronkorkens und einer Zahl zu bieten, nur um ihn dann, inmitten der Ektase, wieder zu versperren. Der unbändige Zorn muss in der Luft geflimmert haben. Irgendwie bitter.
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