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2017-05-14
Nelken sind sein Symbol, weltweit wird er jährlich gefeiert und Blumengeschäften beschert er einen hohen Umsatz: der Muttertag. Kritisch sieht der Publizist Claus Menzel den Ehrentag. Eine kurzweilige Glosse.
Soweit es die Mutter betrifft, ihr Sein und Sollen, sind wir von unseren Dichtern und Denkern wohl wirklich hinreichend unterrichtet worden. „Viel verkannt und tief gebeugt ist der Mensch vom Weib gezeugt", reimte jedenfalls so kühn wie einsichtsvoll Friederike Kempner. „Der Mutterliebe zarte Sorgen bewachten des Kindes goldenen Morgen", meinte herzig Friedrich Schiller.
Und nach dem poetischen Genie eines Heintje, danken wir mit der Zeile „Meine Mama, meine Mama, du bist die Beste auf der Welt, meine Mama, meine Mama ist mir lieber als viel Geld" – neben der entschiedenen Absage an den real existierenden Onkel-Dagobertismus unserer Tage – ein durchaus beispielhaft inniges Bekenntnis zum Wesen der Mutter, zur Mutter an sich.
In der Tat aber lässt der Aufschwung auch in Deutschlands Kinderzimmern noch immer auf sich warten. Wir zeugen zu wenig, kommen viel zu selten nieder. Und Schuld daran ist – wie könnte es anders sein – natürlich dieser Wertewandel, wie ihn zumal der weibliche Deutsche letzthin hat erleiden müssen.
Statt, wie man es wohl von ihm erwarten könnte, sich dem Manne hin und für die Erhaltung unseres Volkes gelegentlich auch herzugeben, macht, wie wir wissen, das „deutsche Gretchen" lieber Karriere.
Nein, auch die deutsche Mutter ist nicht mehr, was sie mal war, oder besser gesagt, gewesen sein soll in der Perspektive jener rückwärtsgewandten Utopiker, für die unsere schönste Zukunft bekanntlich in der Vergangenheit liegt. Dabei ist dieser Muttertag im Jahre 1918 natürlich nicht eingeführt worden, weil man den Müttern etwas Gutes tun wollte, sondern weil bereits absehbar war, welche Folgen sich aus dem wackeren Morden des Ersten Weltkriegs für die Bevölkerungspyramide ergeben könnten.
Und das Mutterkreuz, das die Nazis deutschen Frauen an den schier waffenscheinpflichtigen Busen hefteten, sobald sie dem Führer eine ausreichende Zahl künftiger Soldaten geschenkt hatten, verstand sich ja hauptsächlich als Auszeichnung für besondere Leistungen in der Geburtenschlacht.
Dass die Proliferationsfreudigkeit der Deutschen von den 50er Jahren an kontinuierlich abnahm, haben die Soziologen denn auch nicht nur mit der Erfindung und Verbreitung empfängnisverhütender Mittel erklärt; wo – eingestandenermaßen – „Haben" wichtiger sei als „Sein", verliere Mutterschaft mehr und mehr von ihrem Ehrfurcht gebietenden Zauber. Hinzu kam spätestens seit Ende der 60er Jahre der Wunsch, den großen, erhabenen und alles wortwörtlich beherrschenden Übervater endlich einmal loszuwerden.
Der Muttertag auf dem Kalender geriet zur Erinnerung an ein feministisches Waterloo alle Jahre wieder, die Pille zur Waffe an der Küchenfront, der dicke Bauch zum Zeichen der Niederlage. Ohne Vater keine Mutter. Ja, ja! Doch ohne Mutter auch kein Vater, kein süßes Nesthäkchen und kein strammer Stammhalter.
Gut möglich, dass zu den Folgen eben dieser Erkenntnis jener „Mapi" gehört, der obwohl rein phänomenologisch betrachtet, eindeutig dem männlichen Geschlechte zuzuordnen, Eigenschaften und Vorlieben entwickelt, wie sie bislang nur Frauen zugeschrieben wurden.
Nicht genug damit, dass so ein „Mapi" alles über die potentielle Schädlichkeit von Plastikwindeln weiß. So ein „Mapi" leidet auch so demonstrativ und anklagend am Zustand unserer schlimmen Welt wie früher höchstens eine Mutter leiden konnte. Wozu da bitte noch ein Muttertag?"
2017/5/15 18:33:47