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2023-07-31
In diesem Video beschäftigen wir uns mit einem Superstar der deutschen Geschichte.
Otto von Bismarck.
Reichsgründer und eiserner Kanzler.
Aber ist er wirklich so super?
Oder muss man ihn heute anders beurteilen?
Sicher ist: Er ist eine der prägendsten Personen des 19. Jahrhunderts in Deutschland.
Über seine Bewertung wird noch heute heftig gestritten.
Alles zum Leben und zur Wirkung Bismarcks jetzt.
Kein Aprilscherz: Otto von Bismarck kommt am 1. April 1815 zur Welt.
Er stammt aus einer Gutsbesitzerfamilie.
Solche Leute nennt man "Junker".
Väterlicherseits also alter Adel, die Mutter aber stammt aus einem bürgerlichen Haushalt.
An den Jahreszahlen merkt ihr, Bismarck wächst in einer sehr bewegten Zeit auf.
1815, in seinem Geburtsjahr, wird Napoleon endgültig besiegt und der Wiener Kongress gestaltet das politische Europa neu.
Nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation wird der "Deutsche Bund" gegründet.
Ein Staatenbund der eigenständigen Fürsten und freien Städte in Deutschland.
Den Ton geben die Großmächte Österreich und Preußen an.
Mit 17 Jahren, 1832, beginnt Bismarck sein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften.
Als Mitglied des Studentencorps Hannovera beweis er sich als ein guter Fechter.
Er schlägt 28 Mensuren, traditionelle Fechtkämpfe und ist, wie er selbst sagt, immer gut davongekommen.
Von den zu der Zeit aufkommenden republikanischen oder gar demokratischen Gedanken seiner Kommilitonen hält Junker Otto von Bismarck wenig.
Er ist kein freiheitsliebender und demokratischer Burschenschafter, sondern ein konservativer, königstreuer Korpsstudent.
Aber das heißt nicht, dass er ein braver Student ist, im Gegenteil.
Er genießt das Studentenleben, inklusive Wein, Weib, Gesang.
1838 stirbt seine Mutter.
Otto von Bismarck bricht sein Studium ab, um den Familienbesitz in Pommern zu verwalten.
Er gründet eine Familie, baut die Güter auf, zahlt Schulden ab, jagt, reist, feiert.
Er genießt es, sein eigener Herr zu sein.
Nebenbei engagiert er sich mehr und mehr politisch und findet darin seine wahre Berufung.
Vor der bürgerlichen Revolution 1848/49, in der der Ruf nach mehr Demokratie und Einheit lauter wird, macht er kommunale und regionale Politik.
Sein Ziel ist es, die Vorrechte des Adels zu bewahren.
Mit den Freiheitsideen der Revolutionäre kann er nichts anfangen.
In den Parlamenten hält er als Verfechter der Monarchie in strikt konservativen Reden dagegen.
Bismarck positioniert sich so konservativ und aggressiv, dass selbst die Kreise um den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. ihn für zu extrem halten.
Aber Bismarck lernt dazu.
Er strebt politisch nur das an, was man auch erreichen kann.
Das Machbare machen.
Man nennt diese Haltung Realpolitik.
Und er ist ein sehr guter Redner.
Er verfügt über diplomatisches Geschick.
Kann strategisch denken.
Er ist sehr durchsetzungsstark und bereit, mehr zu riskieren.
Das zeigt sich etwa 1852 in Frankfurt.
Bismarck duelliert sich mit der Pistole mit einem liberalen Abgeordneten der Bundesversammlung.
Dass dabei niemand verletzt wird oder stirbt, ist reine Glückssache.
Als preußischer Gesandter am russischen Hof in St. Petersburg und in Paris sammelt Bismarck erfolgreich die letzten Credits für ein hohes Amt.
1862 ernennt ihn der König zum preußischen Ministerpräsidenten und Außenminister.
Es ist das Jahr, aus dem auch Bismarcks berühmteste Rede stammt.
Dass er für die Macht der Krone gegen Parlament und Demokratie kämpft, das wissen wir schon.
Aber hier zeigt sich, wie weit er bereit ist, dafür zu gehen.
„Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden große Fragen der Zeit entschieden, ... sondern durch Eisen und Blut."
Das verkündet er im preußischen Landtag.
Damit ist klar, für die Vorherrschaft Preußens ist Bismarck jedes Mittel recht.
Selbst ein Krieg gegen den größten Konkurrenten Österreich - um die Vormacht in einem geeinten deutschen Staat.
Zur Machtprobe der beiden Big Player im Deutschen Bund kommt es tatsächlich 1866.
Als sich Preußen die Herzogtümer Schleswig und Holstein gegen Österreichs Willen einverleiben will, eskaliert der Konflikt.
Die Entscheidung fällt Anfang Juli bei Königgrätz im heutigen Tschechien.
Nur ganz knapp entgeht die Armee Österreichs und ihre Verbündeten der völligen Vernichtung.
Am Ende des Tages sind rund 15.000 Österreicher tot oder vermisst.
Die Preußen verlieren nur rund 2.000 Mann.
Bismarck sorgt dafür, dass die Verlierer einigermaßen geschont werden.
Er will die deutschen Staaten auf Seiten Österreichs nicht verprellen.
Ein feiner taktischer Schachzug.
Bismarck regelt damit erfolgreich den Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland.
Österreich, das jahrhundertelang dazugehörte, geht von jetzt an eigene Wege.
Die Preußen wiederum setzen dieser historischen Entscheidung ein Denkmal.
Es ist die sehr bekannte Siegessäule in Berlin.
Sie ist bis heute das zentrale Symbol für die deutsche Einigung durch Bismarck.
An ihrem Fuß ein Bronzerelief der Schlacht von Königgrätz.
In der Mitte die goldenen Rohre von erbeuteten feindlichen Geschützen.
An der Spitze eine Siegesgöttin mit dem preußischen Adlerhelm.
Aber mit der anschließenden Gründung des Norddeutschen Bundes unter preußischer Führung kommt noch keine Begeisterung für einen deutschen Nationalstaat auf.
Dazu verhilft erst ein Eklat zwischen Frankreich und Preußen.
Es geht um die Besetzung des spanischen Throns.
Bismarck schafft es, Frankreich diplomatisch so zu provozieren, dass es Preußen den Krieg erklärt.
Im Kampf gegen den Feind vereinen sich die deutschen Staaten.
Und gewinnen.
Im Sog der nationalen Begeisterung hat Bismarck jetzt einfaches Spiel, die süddeutschen Staaten zum Beitritt in den Norddeutschen Bund zu bringen.
Den bayerischen König Ludwig II. kauft er regelrecht.
Er bezahlt heimlich Geld für die Schlösser, die Ludwig bauen lässt.
Am 18. Januar 1871 wird der preußische König als Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zum Kaiser ausgerufen.
Das Deutsche Kaiserreich ist gegründet.
In diesem Kaiserreich wird der zum Fürsten ernannte Bismarck auch Kanzler.
Außenpolitisch baut er ein europäisches Bündnissystem auf.
Erfolgreich verhindert es, dass das Deutsche Reich angegriffen wird.
Der Clou ist, dass Frankreich möglichst isoliert wird und keine weiteren Ansprüche geltend macht.
Auch an Kolonialbesitz legen die Deutschen ordentlich zu.
V.a. in Afrika und Südostasien.
Über die deutsche Kolonialgeschichte und die Verbrechen haben wir ein Video gemacht, das findet ihr auf dem I und in der Infobox.
Auch innenpolitisch will der Regierungschef Frieden wahren.
Das macht er, ihr ahnt es auf typische Bismarck'sche Art.
Alle, die dem neuen Reich und dem preußischen Vorrang skeptisch gegenüberstehen, werden bekämpft.
Gegen die katholische Kirche und die Zentrumspartei für der Kanzler den "Kulturkampf."
Er schränkt ihren Einfluss auf das politische und gesellschaftliche Leben mithilfe verschiedener Gesetze maßgeblich ein.
Gegen die Sozialdemokraten und die Arbeitervereinigungen erlässt er die "Sozialistengesetze".
Sozialdemokratische, sozialistische und kommunistische Vereine sowie ihre Versammlungen und Druckschriften werden verboten.
Gleichzeitig führt er eine Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung ein.
Meilensteine auf dem Weg zum Sozialstaat.
Aber für ihren eigentlichen Zweck, den Sozialdemokraten die Anhänger zu nehmen, erweist sich seine Politik als Flop.
Trotz Verbot dürfen Sozialdemokraten wählen und gewählt werden.
Und die Partei wächst unaufhaltsam.
1881 erhält die Sozialdemokratische Partei, die SPD, bei den Reichstagswahlen sechs Prozent der Stimmen.
1890 sind es schon 20 Prozent.
Im Neuen Reichstag von 1890 sind die Gegner Bismarcks schon in der Überzahl. Innenpolitisch ist der Kanzler quasi am Ende.
Aber den endgültigen politischen Todesstoß versetzt ihm Wilhelm II.
Dieser junge Monarch will selbst regieren, will sich von Bismarck nichts vorschreiben lassen.
Im März 1890 erhält er seine Entlassungsurkunde.
Der zerknirschte Bismarck zieht sich daraufhin auf seinen Landsitz bei Hamburg zurück.
Noch acht Jahre wird er dort leben.
Sein Abschied wird als Ende einer Ära empfunden.
Auch im Ausland.
"Der Lotse geht von Bord" schreibt und zeichnet die englische Zeitschrift Punch in einer Karikatur.
Unter den Deutschen entwickelt sich nach seiner Entlassung ein Kult um den Reichsgründer.
Am 1. April 1895, also zu seinem 80. Geburtstag, ernennen ihn mehr als 450 Städte zum Ehrenbürger.
450.000 Menschen schreiben ihm Gratulationsbriefe.
In den kommenden Jahren werden mehr als 500 Denkmäler aufgestellt.
Und heute?
Heute schauen wir etwas zwiespältiger auf den konservativen Politiker, der Gegensätzliches vereinte.
Er vereinigt die Deutschen in einem Nationalstaat, aber trennt sie durch seine Politik, die sich immer gegen irgendwelche Feinde richtet.
Er führt Krieg und sorgt sich um den Frieden.
Was meint ihr? Wie ist Bismarck zu bewerten?
Schreibt es in die Kommentare.
Neben mir ein Video, wie modern das Deutsche Kaiserreich war.
Oder vielleicht auch nicht war.
Direkt darunter ein Video von Terra X zum 19. Jahrhundert.
Danke fürs Zuschauen, bis zum nächsten Mal.
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