德语助手
2023-10-18
Ognuno la intende a modo suo.
So lautet eine italienische Redewendung, die ich garantiert falsch ausgesprochen habe.
"Jeder betrachtet die Dinge auf seine Weise."
Das gilt wohl ganz besonders bei den deutsch-italienischen Beziehungen.
Nicht nur in Sachen Fußball.
Aber Fußball lassen wir heute weg und alle Anekdoten, die damit zu tun haben.
Es gibt da einen Witz.
Witze sind noch besser als Anekdoten.
Da kommt eine Frau zum Italiener und fragt den Kellner:
Wie spricht man dieses Gericht eigentlich aus?
Er antwortet: Das ist die 33.
Ihr müsst nicht lachen.
Man kann über den Witz streiten, aber er passt an der Stelle dennoch ganz gut.
In diesem Video geht es um die Deutschitaliener oder: Italo-Deutschen.
Oder noch einfacher gesagt: um Italiener, die in Deutschland leben und auch die damit verbundenen Missverständnisse.
Die Geschichte der Italiener in Deutschland ist eine Geschichte der Vorurteile.
Oder sagen wir lieber: eine Geschichte der Klischees, dazu eine kurze Geschichte, die im Gegensatz zum Witz von eben echt ist.
In einer kleinen bayerischen Stadt führt ein italienischer Geschäftsmann seit Jahrzehnten 2 sehr gut laufende Restaurants.
Er ist absolut in die Gesellschaft der Kleinstadt integriert, stets bestens gekleidet, und er spricht akzentfrei Deutsch.
Aber wenn er in eines seiner Restaurants geht, verwandelt er sich in eine andere Person.
Er zieht eine alte, dreckige Schürze an und redet: *macht italienischen Akzent nach* Wie ein echter Italiener reden tut.
So oder so ähnlich.
Warum macht er das?
Na ja, offenbar erwarten seine Gäste einen echten Italiener.
Und der Kunde ist König.
Ich komme auf die Geschichte später zurück.
Hartnäckig halten sich die Klischees übereinander.
Die Deutschen sind pedantisch, überheblich, humorlos und ziehen in Sandalen Socken an.
Bezogen auf meinen Vater stimmt das, aber das ist ein anderes Thema.
Die Italiener sind unzuverlässig, chaotisch, können nicht mit Geld umgehen und machen aus jeder Kleinigkeit eine Riesensache.
Ja, und jeder Italiener gehört natürlich zur Mafia.
Im 18. und 19. Jahrhundert greift unter den Deutschen eine regelrechte Italien-Sehnsucht um sich.
Schriftsteller, Maler und Bildhauer, Architekten und Bildungsbürger suchen in Italien die Welt des klassischen Altertums.
Am berühmtesten ist sicher die Reise, die Goethe unternimmt.
Alle diese Menschen sind das, was man heute Influencer nennen würde.
Ihre Begeisterung für Italien verbreitet sich im Deutschen Bund.
Deutsche und Italiener teilen aber auch einige historische Gemeinsamkeiten.
Beide Länder werden erst in der Zeit 1860, 1870 Nationalstaaten.
Beides, wie man sagt, verspätete Nationen.
In beiden Staaten etablieren sich faschistische Diktaturen.
1922 Benito Mussolini.
Zu dem gibt es auch ein Video, hier oben verlinkt.
Und 1933 Adolf Hitler.
Auch zu ihm gibt es natürlich ein Video.
Mussolini ist in vielem das erklärte Vorbild für Hitler.
Die Nazi-Propaganda spricht von der Achse Rom-Berlin.
Auch in Italien werden Gesetze erlassen, die Juden diskriminieren.
Es gibt bei der Politik beider Staaten viele Gemeinsamkeiten.
Gerade bei nationalistischen Interessen, aber auch viele Gegensätze der außenpolitischen Interessen, die immer mehr zunehmen.
Als die US-Amerikaner und die Briten über Sizilien nach Italien vorrücken, wird Mussolini abgesetzt.
Italien ist seit Ende 1943 ein von der deutschen Wehrmacht besetztes Land.
Die deutschen Soldaten gehen wie überall brutal und skrupellos vor.
Die Kriegserfahrungen prägen die deutsch-italienischen Beziehungen auch erst mal enorm.
Nach dem Krieg entwickeln sich zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Italien aber langsam immer engere Bande.
Vorangetrieben wird die Versöhnung auch durch das europäische Zusammenwachsen.
Und umgekehrt: Das Zusammenwachsen beider treibt auch die europäische Einigung voran.
Der italienische Ministerpräsident Alcide De Gasperi bringt zusammen mit Robert Schumann und Konrad Adenauer die Montanunion auf den Weg.
Und das ist der erste Schritt zur Europäischen Union.
Die ersten Reisewellen deutscher Touristen nach Italien setzen ein.
Aber die Deutschen pflegen ihre Klischees von Italien.
Sie interessieren sich kaum für die Interessen des Mittelmeerstaates und überhaupt nicht für die Zeit der deutschen Besatzung.
Erst nach der Wiedervereinigung kommen die ganzen Grausamkeiten ans Licht der Öffentlichkeit.
Man darf sich keine falschen Vorstellungen machen.
Die Deutschen als Gesamtheit sind heute in Italien nicht sehr beliebt.
Seit der Wiedervereinigung herrscht die Angst, Deutschland könnte wieder eine bestimmende Rolle in Europa einnehmen wollen.
Gerade in der Euro- und Staatsschulden-Krise wird Angela Merkel in verschiedenen Tageszeitungen als Wiedergeburt der Wehrmachtstruppen dargestellt.
Und die Deutschen schimpfen ununterbrochen, dass die Schuldenpolitik der Italiener angeblich von ihnen bezahlt werden muss.
Tja, und jeder Italiener gehört angeblich zur Mafia.
Es ist wie immer.
Wenn Politiker meinen, ein Feindbild könnte ihnen beim Kampf um Wählerstimmen hilfreich sein, dann benutzen sie es. Leider ziemlich oft.
Vorurteile sind immer und überall da.
Auch die italienischen Arbeiter, die in den 1950er Jahren nach Westdeutschland kommen, erfahren das.
Die Bundesrepublik erlebt damals das sogenannte Wirtschaftswunder.
Es herrscht Überfluss.
Nur Arbeitskräfte sind in manchen Gegenden Mangelware.
Das am 20. Dezember 1955 unterzeichnete deutsch-italienische Anwerbeabkommen regelt, dass italienische Arbeiter für eine befristete Zeit in Deutschland arbeiten dürfen.
Zu den gleichen Konditionen wie ihre deutschen Kollegen.
Und die Italiener, die kommen.
Weil die Arbeiter nur eine gewisse Zeit in Deutschland arbeiten und dann wieder in ihre Heimatländer zurückkehren sollen, bürgert sich der Begriff Gastarbeiter ein.
Tatsächlich ist das auch der Plan der allermeisten Italiener.
Es handelt sich um junge Männer, meistens ohne große Schulbildung, die fleißig sind, oft Überstunden machen und brav in die Renten- und Krankenkasse einzahlen.
Sie schuften hart, sie arbeiten auf dem Bau, in Bergwerken, an Fließbändern der Autowerke, legen Eisenbahnschienen, buddeln für die Münchner U-Bahn und so weiter und so fort.
Oft die schweren, dreckigen Arbeiten, die deutsche Arbeiter nicht mehr machen wollen.
Wo wohnen diese Männer?
Viele in Gemeinschaftsunterkünften.
Manchmal sind es sogar Lager, die teilweise noch für NS-Zwangsarbeiter genutzt wurden.
Die Unterkünfte für die Gastarbeiter werden zum Teil sogar überwacht.
Die Wohnsituation ist also nicht so schön.
Zusätzlich schlägt den Italienern oft Misstrauen entgegen.
Etliche Lokale bedienen keine italienischen Gäste.
Für Italiener verboten, steht an der Tür.
Jeder kennt das Schimpfwort: Spaghettifresser.
Schön wär's, denkt sich mancher italienischer Arbeiter.
Pasta ist damals hierzulande fast unbekannt.
Die Tomaten sind eher geschmacklos.
Deutscher Kaffee ist für Italiener schon fast eine Beleidigung.
Übers Wetter brauchen wir gar nicht reden, da weiß jeder, dass es in Italien deutlich besser ist als bei uns.
Außer vielleicht in Mailand.
Es ist also nicht immer eine wunderbare Erfahrung, Gastarbeiter in Deutschland zu sein.
Insgesamt kehren etwa 80 % der Italiener in ihre Heimat zurück.
Diejenigen, die bleiben, holen ihre Verwandten nach.
Oder gründen in Deutschland Familien.
Ungeachtet der Vorurteile entstehen immer mehr Freundschaften zwischen Deutschen und Italienern.
Rund 600.000 Italiener leben heute in Deutschland.
Jeder dritte ist in Deutschland geboren.
Aber viele fühlen sich nicht richtig heimisch.
Gerade die Italiener haben eine sehr enge Verbindung zu ihrer Heimat.
Man kann ja auch schnell hin und her kommen.
Absolut verständlich.
Viele Deutsche, die zum Beispiel in Frankfurt arbeiten, fahren fast jedes Wochenende in die Gegend heim, aus der sie kommen, wo ihre Familien leben.
So wie ich das sehe, sind die Deutsch-Italiener oder Italo-Deutschen heute absolut anerkannt.
Sie sind in Vereinen engagiert, machen Politik.
Viele sind auch in der Gastronomie tätig, betreiben Gaststätten und Eisdielen.
Spaghetti, Grappa, Espresso und Co. haben ihren kulinarischen Siegeszug dann im Laufe der Zeit doch noch angetreten in Deutschland und für die gastronomische Integration gesorgt.
Kann man so sagen.
Nur die allerwenigsten Italiener haben übrigens die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen.
Im vereinten Europa ist das ja auch gar nicht nötig, könnte man sagen.
Und einen Punkt muss ich aber noch einmal aufgreifen, der bei den Klischees eben auch immer wieder auftaucht.
Oder, wie schon mehrfach angedeutet, die italienische Mafia: Nicht erst durch den Film "Der Pate" bekannt.
Auch alles nur Klischee? Ja und nein.
Die organisierte italienische Kriminalität gilt tatsächlich für viele als der einflussreichste Zweig der organisierten Kriminalität in Deutschland.
Dabei schätzt das BKA die kalabrische Ndrangheta als die relevanteste Organisation ein.
Italienische Mafia zeichnet sich vor allem durch einen hohen Organisations- und Professionalisierungsgrad aus im Vergleich zu anderen Vereinigungen.
Aber im Gegensatz zur Darstellung in vielen Filmen fällt sie eben nicht durch krasse Gewaltakte in Deutschland auf.
Sie wirkt und arbeitet eher im Verborgenen. Defensiv.
Ist vor allem im Kokainhandel aktiv oder bei der Geldwäsche.
Auch auf dem Immobilienmarkt ist die Mafia sehr aktiv.
Das ist ein Thema für sich.
Wenn ihr dazu ein Video haben wollt, schreibt in die Kommentare, dann gucken wir, ob wir dazu was machen können.
Und jetzt seid ihr dran! Was meint ihr?
Haben wir heute gute deutsch-italienische Beziehungen?
Vielleicht habt ihr selbst italienische Wurzeln?
Wie fühlt ihr euch? Fühlt ihr euch hier gut aufgenommen?
Gut angenommen? Oder sagt ihr, na ja, da ist noch Luft nach oben.
Gerne ab in die Kommentare damit.
Hier neben mir gibt es ein weiteres Video in diesem Zusammenhang: die Geschichte der Deutschtürken.
Und darunter die Geschichte der Russlanddeutschen.
Auch das sehr spannend.
Schaut auch gerne auf Instagram bei "MisterWissen2Go Geschichte", unten verlinkt in der Infobox.
Danke euch fürs Zuschauen. Bis zum nächsten Mal!
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