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2023-06-06
Wenn ihr ohne Schokolade nicht leben könnt, seid froh, dass ihr nicht vor dem 16. Jahrhundert geboren wurdet.
Bis dahin gab es Schokolade nur in Mesoamerika und sie war ganz anders als heute.
Schon um 1900 v. Chr. hatten die Einheimischen gelernt, die Bohnen des dort heimischen Kakaobaums zuzubereiten.
Frühsten Aufzeichnungen zufolge wurden die Bohnen gemahlen und mit Maismehl und Chilischoten zu einem Getränk gemixt.
Keine entspannende Tasse heißen Kakaos, sondern ein bitteres, belebendes und schäumendes Gebräu.
Falls ihr denkt, dass wir heute viel Aufhebens um Schokolade machen, die Mesoamerikaner waren noch viel extremer.
Sie hielten Kakao für ein himmlisches Geschenk eines gefiederten Schlangengottes.
Bei den Maya hieß dieser Kukulkan und bei den Azteken Quetzalcoatl.
Die Azteken nutzten Kakaobohnen als Währung, tranken Schokolade bei königlichen Festmahlen, belohnten erfolgreiche Soldaten und verwenden sie in Ritualen.
Die erste transaltantische Begegnung mit Schokolade fand 1519 statt, als Ernan Cortes den Hof von Moctezuma in Tenochtitlan besuchte.
Aufzeichnungen von Cortes-Leugnern zufolge ließ der König 50 Krüge bringen und das Getränk in goldene Becher füllen.
Als die Siedler mit den fremdartigen Bohnen zurückkehrten, bekam sie durch die anzüglichen Berichte der Missionare den Ruf eines Aphrodisiakums.
Aufgrund ihres bitteren Geschmacks war sie zunächst eine Medizin, zum Beispiel gegen Magenverstimmung.
Aber gesüßt mit Honig, Zucker oder Vanille wurde Schokolade schnell zu einer beliebten Delikatesse am Spanischen Hof.
Bald darauf verfügte jeder Adelshof über passendes Schokoladengeschirr.
Die Massenproduktion des Modegetränks war schwierig und zeitaufwendig.
Dafür setzte man auf Plantagenanbau und Sklavenarbeit in der Karibik und auf Inseln vor der afrikanischen Küste.
Das Jahr 1828 veränderte die Welt der Schokolade nachhaltig, als der Amsterdamer Kunrat van Houten die Kakaopresse einführte.
Van Houtens Erfindung ermöglichte die Extrahierung der Kakaobutter aus den Bohnen.
Aus dem übrigbleibenden Pulver konnte man ein Getränk mixen oder es wieder mit der Kakaobutter vermischen, um feste Schokolade herzustellen, wie wir sie heute kennen.
Der Schweizer Chocolatier Daniel Peter erschuf kurz darauf durch Hinzugabe von Milchpulver die Milchschokolade.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts war Schokolade bei Weitem kein Luxusartikel mehr.
Um die gewaltige Nachfrage zu decken, musste mehr Kakao angebaut werden, was nur nahe dem Äquator möglich ist.
Statt Sklaven aus Afrika zu Kakaoplantagen in Südamerika zu bringen, wurde die Kakaoproduktion selbst nach Westafrika verlegt, sodass die Elfenbeinküste 2015 zwei Fünftel des weltweiten Kakaos produzierte.
Das Wachstum der Branche brachte jedoch schlimme Menschenrechtsverletzungen mit sich.
Auf vielen Plantagen in Westafrika, die westliche Unternehmen beliefern, gibt es Sklaven- und Kinderarbeit, von der geschätzt über zwei Millionen Kinder betroffen sind.
Trotz der Bemühungen der Hauptproduzenten, mit den Ländern in Afrika zu kooperieren, um Kinderarbeit und Knechtung zu reduzieren, bleibt dies ein Problem.
Heute ist Schokolade ein fester Bestandteil der Rituale unserer modernen Kultur.
Ihre koloniale Assoziation mit indigenen Kulturen sowie die Macht der Werbung verleihen der Schokolade eine Aura der Sinnlichkeit, der Dekadenz und des Verbotenen.
Doch ihre faszinierende und oft grausame Geschichte, ebenso wie die heutige Produktion, zeigen uns den Ursprung dieser Vorstellungen und was sie verbergen.
Wenn ihr also eure nächste Tafel Schokolade auspackt, denkt mal daran, dass nicht alles an Schokolade süß ist.
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