德语助手
2021-06-15
Vor einiger Zeit hab ich bei YouTube ein Video hochgeladen, das für heftige Diskussionen gesorgt hat in den Kommentaren. Der Titel des Videos ist "Die Wahrheit über Spotify". Oben auf das "I" klickt.
In den Kommentaren ging es aber gar nicht so sehr darum, wie Musikstreaming die Gesellschaft verändert oder die Musikbranche die Musik an sich, sondern es ging um ein einziges Zeichen. Um da Sternchen. Genauer gesagt: das sogenannte Gendersternchen.
Denn ein Pressesprecher von Spotify hatte in seinen Stellungsnahmen konsequent gegendert. Er hat nicht gesprochen von Zuhörern, sondern von Zuhörer*innen. Zuhörer - Sternchen - innen. Wir haben das an einer Stelle auch gemacht: Nicht User, sondern: User*innen.
"Das geht gar nicht, Misshandlung der deutschen Sprache". Und vieles mehr hieß es dann in den Kommentaren. Und damit sind wir in einer Debatte, die an vielen Stellen geführt wird. Einer Gender-Debatte, einer Debatte rundum gendergerechte Sprache.
Wo fängt das an, wo hört das auf? Und was sollen wir mit diesem Sternchen machen? Sollte man es benutzen oder nicht? Was sagen die Befürworter, was sagen die Gegner, und was sollte man am Ende machen?
Darum geht's in diesem Video. Beginnen wir dieses Video zur Abwechslung mit einer kleinen Geschichte. Neulich saß ich mit einigen Kollegen zusammen. Wir haben uns überlegt, wie können wir ein Thema aufbereiten, dass wir alle Aspekte berücksichtigen?
Wir müssen Experten befragen. Ärzte, Psychologen aber auch Politiker. Wir müssen Informationen einholen, das alles zusammentragen und so aufbereiten, dass die Zuschauer es verstehen. Ich fand das so spannend, dass ich dachte, darüber muss ich 'nen Vortrag halten. Was habe ich dann auch gemacht?
Und während des Vortrags haben sich Zuschauer gemeldet und Fragen gestellt, die ich hoffentlich beantworten konnte. Okay, das war zugegebenermaßen keine spannende Geschichte, aber jetzt überlegt euch mal: Wie könnten die Leute heißen, mit denen ich zu tun hatte? Meine Kollegen.
Die Experten. Die Zuschauer. Ich vermute, ihr kommt vor allem auf Männernamen. Das ist nicht verwunderlich, ich hab im generischen Maskulinum gesprochen. Das heißt, man hat alle vermännlicht, auch wenn darunter sicherlich Frauen gewesen sind.
Sowohl bei den Zuschauern als auch den Experten. Das macht man in der deutschen Sprache schon seit langer Zeit. Man schließt damit beide Geschlechter ein, mit diesem sogenannten generischen Maskulinum, zumindest in vielen Bereichen.
Das soll sich aber ändern, fordern immer mehr Leute und sagen, wir brauchen eine gendergerechte Sprache, wir müssen Frauen sichtbarer machen. Nicht nur Frauen, auch non-binäre Personen, Personen, die sich keinem bestimmten Geschlecht zuordnen können.
Sie sagen, das funktioniert am besten mit dem Gendersternchen. Und genau dieses Sternchen hat schon eine ziemlich lange Geschichte hinter sich. Wenn man will, so lang wie die der Frauenbewegung. Am Anfang war das eher theoretische Natur, diskutiert haben da vor allem Feministinnen.
Da ging es zum Beispiel darum, einen Schrägstrich einzubauen: Oder sogenannte Gendergap zu verwenden, einen Unterstrich. Dann gab es irgendwann das Binnen-I, das große. Also, dass das I bei der geschlechtlichen Trennung als Trenner funktioniert hat.
Und irgendwann war dann die Idee des Gendersternchens geboren. Das kann man auch ziemlich genau datiere, auf das Jahr 2004. Da ist das bei einer Art Gesprächskreis in Wien zum ersten Mal aufgekommen.
Allerdings in einer etwas veränderten Form, man hatte gefordert, dass man nicht mehr von Zuschauerinnen spricht, oder Zuschauern, sondern nur von: Da ist man dann wieder von abgekommen und inzwischen ist eben der Gedanke, man benutzt das Sternchen als Platzhalter und sagt: hier können verschiedene Geschlechter eingefügt werden.
Die Debatte hat immer mehr an Fahrt aufgenommen. Angetrieben durch Hochschulen, die immer mehr in ihren Prüfungsordnungen geändert haben. Es wurde zwar meistens nicht vorgeschrieben, es zu verwenden oder geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, aber es wurde darauf hingewiesen, dass es gut wäre, das zu berücksichtigen.
Von dort aus ging das in Parteien, wie bei den Grünen oder Linken in viele Schriften über. Und inzwischen ist es so, dass es in einigen Bundesländern offizielle Formulare gibt, in denen gegendert wird. Im Bundestag darf man inzwischen gendern, das ist nicht vorgeschrieben, aber man kann es. Auch an anderen Stellen ist das möglich.
Auch im Hauptwerk der deutschen Sprache, wenn man so will, ist das Gendersternchen inzwischen angekommen. Im Duden, dort existiert das Wort "Gendersternchen" seit 2020. Und es gibt auch einige Formulierungen, die dort mit Gendersternchen aufgeführt sind. Daran merkt ihr, dieses Gendersternchen hat einen ziemlich steilen Weg hinter sich.
Und wird an immer mehr Stellen verwendet. Und die Leute, die sagen, wir brauchen eine geschlechtergerechte Sprache, fordern, dass das nicht das Ende ist. Dass sich das noch ausweitet, auf alle Bereiche, alle Formulare, Reden, die von Politikern oder Politikerinnen gehalten werden. Auf Bücher, Fernsehen, auch letztendlich hier auf YouTube-Videos und vieles mehr.
Und am Schluss soll eine Sprache stehen, die alle Geschlechter berücksichtigt, alle mitnimmt und alle Geschlechter entsprechend sichtbar macht. Die Frage ist, warum wird das gefordert? Was sind die Argumente? Da sind wir bei der Debatte und beim Pro für eine geschlechtergerechte oder gendergerechte Sprache.
Und beim ersten Argument. Da geht es um verschiedene Studien, die nachgewiesen haben, dass gendergerechte Sprache tatsächlich auch zu mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern führt. Da gab es zum Beispiel eine Untersuchung der Freien Universität Berlin, mit mehr als 500 Kindern, denen verschiedene Berufe vorgestellt wurden.
Das hat man einmal gemacht mit dem generischen Maskulinum. Dass man also gesagt hat: "Ihr könnt Ingenieur werden". Dann wurde der Beruf des Ingenieurs vorgestellt. Und dann wurde von Ingenieurin und Ingenieur gesprochen. Auch die weibliche Form mitreingenommen.
Das Ergebnis: Die Mädchen und Jugendlichen, die befragt wurden, haben eher gesagt, sie können sich einen bestimmten Beruf vorstellen, wenn die weibliche Form dabei war. Das vor allem bei typisch männlich konnotierten Berufen. Von Piloten über Ingenieure oder andere.
Und andersrum war das genauso. Bei weiblich konnotierten Berufen haben die Jungs gesagt, könnte ich mir vorstellen, wenn das entsprechend männlich beschrieben war. Solche Studien gibt es 'ne ganze Reihe. Ich hab was in der Infobox verlinkt.
Die belegen, wenn die Sprache entsprechend angepasst ist, fühlen sich Frauen noch mehr abgeholt. Das zweite Argument hängt mit einem Kontraargument zusammen, das Gegner der gendergerechten Sprache gerne vorbringen. "Die deutsche Sprache muss bleiben, wie sie ist".
"Sie sollte sich nicht verändern, sonst wird sie verunstaltet". "Das hat es nicht gegeben und soll es künftig nicht". Da argumentieren Befürworter der gendergerechten Sprache damit, dass sich die deutsche Sprache in den vergangenen 100, 500 Jahren immer wieder verändert hat.
Da wird angeführt, dass Goethes Sprache der heutigen nicht mehr entspricht. Und tatsächlich, wenn wir uns einen Brief anschauen aus dem Jahr 1788, den Goethe an seinen Kumpel Philipp geschrieben hat, können wir ihn wie folgt zitieren: Allein schon an der Schreibweise merkt ihr, das ist nicht mehr zeitgemäß, und auch die Formulierungen würde man so heute nicht mehr benutzen.
Sprachforscher sagen, die Sprache verändert sich. Auch in den letzten 20, 40 Jahren hat sie sich verändert. Das geht immer so weiter. Und die Befürworter der gendergerechten Sprache sagen: Das Gendersternchen könnte ein Teil dieses Veränderungsprozesses sein.
Wo wir grade bei Sprache und Aussprache sind, sind wir auch schon beim dritten Argument der Anhänger einer geschlechtergerechten Sprache. Die Art und Weise, wie wir das in unseren Sprachgebrauch integrieren. Die Befürworter sagen: "Wir machen das eigentlich schon".
Wir merken es nur gar nicht mehr. Mit dem sogenannten Glottisschlag. Da gibt's auch andere Bezeichnungen für, unten in der Infobox. Einfach gesagt bedeutet Glottisschlag, dass wir so 'ne kleine Pause setzen innerhalb eines Wortes.
Zum Beispiel bei "Ur-instinkt". Wir sagen ja nicht Urinstinkt oder Urin-stinkt, das wäre was anderes. Oder Spiegel-ei, wir sagen auch nicht Spiegelei, das wäre was anderes. Sondern wir trennen eben. Genau so wäre es auch bei: Leser*innen. Schüler*innen.
Zuschauer*innen und so weiter und so fort. Diesen Glottisschlag muss man sich einfach nur antrainieren. Dann funktioniert das irgendwann von ganz allein, sagen die Befürworter. Sie verweisen auch darauf, dass es keine Komplikationen gibt, wenn man das liest.
Es gibt verschiedene Untersuchungen, eine hab ich verlinkt. Da geht es um Verpackungsbeilagen von Medikamenten. Da wurden verschiedene Gruppen befragt. Mit verschiedenen Arten von Verpackungsbeilagen, zum einen mit dem generischen Maskulinum, dann wurde gegendert und dann einmal ganz neutral geschrieben.
Und den Leuten, die das gelesen haben, ist überhaupt nichts aufgefallen. Erst als man ihnen das im Nachhinein gesagt hat: "Ja, da war was". Das ist ein Argument für die Befürworter, dass sie sagen: Man muss es sich nur angewöhnen, dann läuft's von selbst.
Das sehen die Gegner der geschlechtergerechten Sprache anders. Wir bleiben beim Thema Aussprache und kommen zum ersten Argument der Gegner. Da heißt es, das passt einfach nicht, das ist umständlich zu sprechen. Geschrieben okay, da mag man das einigermaßen akzeptieren, aber gesprochen?
Zum Beispiel der Satz: Na ja, mag sein, dass man das irgendwann mal drin hat, aber die Gegner sagen, das ist so unnatürlich, das kann man sich nie angewöhnen, das funktioniert einfach nicht. Interessant ist, das ist mir aufgefallen beim Spotify-Video, erst dann, als gesprochen gegendert wurde, habt ihr es gemerkt.
Denn tatsächlich wurde das Gendersternchen in meinen Videos in der Vergangenheit immer mal wieder verwendet. Ich probier das gerne aus und nie hat jemand was geschrieben. Erst als es gesprochen wurde, gab es Beschwerden.
Das heißt, viele Gegner akzeptieren vielleicht einigermaßen die geschriebene Variante, zumindest dann, wenn es sich in Maßen hält, aber sobald es gesprochen wird, ist absolut das Argument da: funktioniert nicht. Damit sind wir beim zweiten und wichtigsten Argument der Gegner einer geschlechtergerechten Sprache.
Dem Vorwurf, es ginge nicht so sehr um Sprache, sondern um eine ganze Ideologie, die uns aufgestülpt werden soll. Eine Ideologie, die von der linken politischen Seite kommt und die uns komplett ändern will. Durch die Sprache.
Und tatsächlich gab es in der Geschichte immer wieder mal Fälle, in denen autoritäre Regime versucht haben, die Sprache zu verändern, um ihre Ideologie ein Stück weit zu transportieren. Da sagen die Gegner, das soll hier auch passieren. Sie sehen nicht so sehr eine Anpassung der Sprache, sondern eine Anpassung von vielen Dingen, unserem kompletten Leben.
Angeführt durch die Sprache. Wenn man sich anguckt, wie Umfragen zu dem Thema aussehen, stellt man fest, es gibt bei allen Umfragen, die es bisher in dieser Form gab, keine wirkliche Mehrheit für eine geschlechtergerechte Sprache. Aktuell gibt es zum Beispiel eine Umfrage von "YouGov", da haben nur 14 Prozent gesagt, Gleichberechtigung muss sich durch Sprache ausdrücken.
41 Prozent haben gesagt, Gleichberechtigung ist wichtig aber man kanns auch übertreiben. Und 36 Prozent haben gesagt, auf gar keinen Fall. Will ich nichts mit zu tun haben. Interessanterweise oder vielleicht nachvollziehbarerweise mehr Männer als Frauen: bei den Männern 40, den Frauen 32 Prozent.
Und dann wär da noch das dritte Hauptargument der Gegner einer geschlechtergerechten Sprache. Das bezieht sich auf die Wirksamkeit, unter anderem des Gendersternchens. Es gibt Studien, die besagen, es tut sich gesellschaftlich was, wenn man die Sprache anpasst.
Aber die Gegner sagen, dass ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Im Großen und Ganzen ändert sich fast gar nichts. Man stiftet vor allem Verwirrung. Und es wird verwiesen auf Länder wie die USA, Großbritannien, oder auch die Türkei, in denen Sprachen existieren, in denen es keinen Genus gibt.
In denen im Plural von beiden Geschlechtern gesprochen wird. Da gibts gar keine Unterscheidung. Auch in diesen Ländern herrscht keine absolute Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Die Gegner sagen, wenn man bei uns die Sprache anpasst, damit viel in Bewegung setzt, viele vor den Kopf stößt, dann bewirkt das vergleichsweise wenig und man kann's sein lassen.
Ja, das waren also die Hauptargumente der Befürworter und der Gegner einer sogenannten gendergerechten Sprache. Wobei man sagen muss, "gendergerecht" allein ist auch schon umstritten, mehr dazu in der Infobox. Ihr habt dieses Video vielleicht bis hierhin angeguckt und denkt: "Okay, und was soll ich jetzt davon halten"?
"Wie soll ich künftig sprechen"? Das ist wirklich 'ne sehr gute Frage, da muss ich euch sagen, ich will mir nicht anmaßen zu sagen, wie er oder sie zu sprechen hat. Das ist meine persönliche Meinung: Ich finde es total wichtig, dass Männer, Frauen und Non-Binäre gleichberechtigt sind. Dass wir was tun für die Abschaffung von Diskriminierung auf allen Ebenen.
Und dass wir sensibel sind, auch in unserer Sprache. Euch ist vielleicht aufgefallen, dass ich in meinen Videos das Gendersternchen nicht verwende, nicht von Expert*innen spreche. Sondern, das ist meine Lösung: Von Expertinnen und Experten oder dass ich an einer Stelle sag Schülerinnen und an einer anderen Stelle Schüler.
Dass ich das mixe und im Kontext des Videos klarmache, ich meine alle Geschlechter. Das ist mein Weg, wobei ich zugeben muss, dass die Non-Binären da eher nicht berücksichtigt werden. Da muss ich mir überlegen, wie man das machen kann.
In der geschriebenen Sprache, wenn ich E-Mails schreibe an Leute, bei denen ich weiß, es sind Frauen und Männer, da benutz ich hin und wieder das Gendersternchen, wenn ich denke, das passt jetzt. Das ist 'ne Sache, die bei mir noch nicht abgeschlossen ist. Ihr würde gerne wissen, was ihr darüber denkt.
Wie eure Herangehensweise ist, vielleicht kann ich was lernen. Ich finde, Sprache entwickelt sich, hab ich versucht darzustellen. Dazu gehört auch die persönliche Entwicklung. Wie gesagt, ich würde niemandem vorgeben wollen, wie sie oder er zu schreiben hat.
Wenn man das Ganze global betrachtet oder deutschlandweit, wäre meine Empfehlung, dass man nicht sagt: "Wir machen Regeln und alle müssen sich daran halten". Sondern dass man den Leuten offen lässt, wie sie es machen. Ich bin Fan der Lösung, die man gefunden hat nach Einführung der neuen Rechtschreibung.
Die ist nicht mehr so neu, mehr in der Infobox. Da hat man gemerkt, viele sind nicht einverstanden, wollen die alte Schreibweise behalten, halten sich nicht dran. Irgendwann wurde gesagt, diese Regeln sind verbindlich und alles andere sollen die Leute machen, wie's passt, beides richtig. Ich glaube, das könnte man auch in diesem Fall machen.
Drauf hinweisen, seid sensibel in eurer Sprache, aber wie ihr das umsetzt, ist euch überlassen. Von Sprachgeboten würde ich eher Abstand halten. Das am Ende war aber nur meine Meinung, und ich bin sehr gespannt auf eure Meinungen. Ich weiß, es ist ein hochemotionales Thema, weil wir alle damit zu tun haben.
Sprache spricht oder schreibt jeder von uns oder beides. Und deshalb ist davon auch jeder betroffen, direkt oder indirekt. Deshalb würd ich euch bitten, seid sachlich in der Diskussion. Das wäre gut.
Danke schon mal dafür, danke für die rege Diskussion. Mehr Infos wie immer unten in der Infobox. Neben mir 'n Video, das sich auch um Sprachen dreht, in 'nem anderen Kontext von "MrWissen2go Geschichte". Schaut da gerne mal rein. Darunter das vorhin angesprochene Video "Die Wahrheit über Spotify".
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