德语助手
2025-11-05
Stell dir vor, du läufst über eine Brücke.
Plötzlich rauscht ein Zug an, du schaust runter und siehst, dass an den Gleisen fünf Menschen festgekettet sind.
Der Zug steuert direkt auf sie zu.
Wenn du nichts unternimmst, sterben sie.
Für einen Notruf reicht die Zeit nicht.
Aber dann siehst du einen Mann auf der Brücke.
Du könntest ihn runterschubsen, auf die Gleise, vor den Zug, damit so der Zug zum Stehen kommt.
Dann würde nur ein Mensch sterben statt fünf.
Der Zug ist gleich da. Du musst dich jetzt entscheiden.
Opferst du ein Leben, um fünf andere zu retten, oder tust du nichts?
Und würde sich deine Antwort ändern, wenn wir dir das Dilemma auf Englisch präsentiert hätten?
A train is coming.
On the tracks below, five people are chained up.
Als mir das Dilemma zum ersten Mal begegnete bei der Recherche, dachte ich:
"Oh Gott, ich bin froh, dass das ein Experiment ist und ich nicht in dieser Situation bin."
In einer Studie haben Forschende fast 400 Menschen genau mit diesem Dilemma konfrontiert, um herauszufinden,
ob wir uns anders entscheiden, wenn wir eine Fremdsprache sprechen, statt unserer Muttersprache.
Die Teilnehmenden haben als Muttersprache Spanisch gesprochen.
Ihre Fremdsprache war Englisch.
Dann wurden sie in zwei Gruppen aufgeteilt.
Der einen Gruppe wurde das Dilemma auf Spanisch, also in der Muttersprache, präsentiert.
Sie mussten sich auch auf Spanisch entscheiden.
Der anderen Gruppe wurde es in der Fremdsprache, also auf Englisch, präsentiert.
Sie sollten sich auch auf Englisch entscheiden.
Aber wie kommen wir überhaupt zu einer Entscheidung?
Dabei sind im Kopf zwei Systeme aktiv.
Ganz vereinfacht kann man sich das so vorstellen:
Sehen wir so ein Dilemma, dann hat das sofort eine bestimmte Wirkung auf uns.
Das macht was mit uns auf einer emotionalen Ebene.
Man kann doch nicht den armen Mann, der da oben steht, einfach da so runterschubsen und töten.
Das ist wie 'ne Art superschnelles Bauchgefühl.
Das ist die Reaktion mit unserem, nennen wir es mal, emotionalen System.
Wenn wir in dieser Situation mit diesem System entscheiden würden, würden wir den Mann eher nicht von der Brücke schubsen,
weil einen Unschuldigen aktiv zu töten, was das emotional mit uns macht, das ist ein absolutes No-Go.
Wir würden intuitiv eher davor zurückschrecken, sagen die Forschenden.
Daneben gibt es noch ein zweites System.
Wir nennen es mal das rationale System.
Das ist zwar langsamer als unser emotionales System,
dafür können wir damit aber bewusster und kontrolliert handeln und auch unser erstes Bauchgefühl überdenken.
Klar, wenn man dann länger anfängt mal drüber nachzudenken, und da unten liegen diese fünf, die man ja damit retten könnte.
Wenn vor allem das rationale System aktiv wäre, dann würden wir vermutlich den Mann von der Brücke schubsen,
weil dieses System fördert, dass wir eiskalt Kosten und Nutzen abwägen.
Also so rein zahlenmäßig ...
Okay, jetzt aber in der Studie - haben da die Teilnehmenden je nach Sprache unterschiedlich entschieden?
Hat Sprache wirklich einen Einfluss auf die Entscheidungen, die wir treffen?
Auf Spanisch wollten die Teilnehmenden den Mann tendenziell nicht von der Brücke schubsen.
Und jetzt kommt's.
Auf Englisch haben sie sich, im Vergleich dazu, öfter fürs Schubsen entschieden.
Man kann also sagen, dass sie auf Spanisch tendenziell emotionaler entschieden haben.
Aber warum?
Liegt das, mal ganz klischeehaft gedacht, an der spanischen und an der englischen Kultur?
Also eher emotional versus eher kühl?
Um das zu überprüfen, haben die Forschenden nicht nur spanische Muttersprachler befragt,
sondern auch englische Muttersprachler, die später erst Spanisch gelernt haben.
Das waren noch mal fast 330 Leute, die den gleichen Versuch auch gemacht haben.
Wir erinnern uns, beim ersten Versuch wollten die Teilnehmenden den Mann auf Spanisch tendenziell nicht von der Brücke runterschubsen, auf Englisch tendenziell aber schon.
Beim zweiten Versuch ist es genau umgekehrt.
Jetzt wollen die Teilnehmenden den Mann auf Englisch tendenziell nicht runterschubsen, auf Spanisch aber schon.
Die Kultur hat hier also keinen Einfluss,
sondern in einer Fremdsprache entscheiden wir rationaler und in dem Fall auch kaltblütiger als in unserer Muttersprache.
Und zwar ganz unabhängig davon, mit welcher Sprache wir aufgewachsen sind.
Aber warum ist es genau so und nicht andersrum?
Warum entscheiden wir in der Fremdsprache rationaler und nicht emotionaler?
Das hat was mit dem "Foreign Language Effekt" zu tun, also dem Fremdspracheneffekt.
Das ist ein Phänomen, das Forschende in vielen weiteren Studien unabhängig voneinander nachgewiesen haben.
Unsere Muttersprache lernen wir als Kind ja meistens in der Familie und einem sehr vertrauten Umfeld.
Alles, was wir erleben, erfahren wir zunächst in der Muttersprache.
Deswegen ist sie von Anfang an eng mit unseren Gefühlen und dem emotionalen System verbunden.
Und es ist auch die Sprache, in der wir so was wie soziale Werte und Regeln lernen.
Also zum Beispiel, dass wir niemanden verletzen oder töten sollten.
Eine Fremdsprache lernen die meisten von uns eher in einem nüchternen Umfeld, zum Beispiel in der Schule oder im Sprachkurs.
Da gibt es "Listening Comprehensions" oder Vokabeltests.
Da ist nicht so viel mit Gefühlen.
Deswegen ist unser emotionales System nicht so aktiv, wenn wir eine Fremdsprache sprechen.
Und wir können darin auch nicht so gut auf Regeln und Werte zurückgreifen, die wir in der Muttersprache gelernt haben.
Vielleicht denken sich jetzt ein paar von euch, ja, aber mein Englisch ist doch genauso gut wie mein Deutsch.
Ja, das zeigt sich dann auch in euren Entscheidungen.
Je besser ihr die Fremdsprache sprecht, desto mehr entscheidet ihr euch darin so wie in der Muttersprache.
Wie wir Entscheidungen treffen, hängt noch von viel mehr Faktoren ab als vom rationalen oder vom emotionalen System.
Wir haben uns in dem Film mal auf das Nötigste beschränkt.
Vielleicht könnte man ja diesen Fremdspracheneffekt sogar nutzen, um sich selber so ein bisschen auszutricksen.
Eine Annahme ist, dass es eventuell dabei helfen könnte, um weniger emotional zu reagieren und einen kühlen Kopf zu bewahren.
Vielleicht streitet ihr euch beim nächsten Mal einfach auf Englisch.
Oder ihr verhandelt in einer Fremdsprache.
Wenn euch mehr Situationen einfallen, in denen das hilfreich wäre, schreibt's in die Kommentare.
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